Frisch kolumnisiert.
Stilistischer Albtrump.
Die USA haben gewählt und sich selbst und der Welt einen neuen Präsidenten beschert, der auch stilistisch reichlich frischen Wind ins Weiße Haus bringen dürfte. Endlich! Mal ehrlich, hing uns die unnachahmliche Eleganz von Michelle und Barack nicht ohnehin langsam zum Hals heraus? Waren wir nicht schon länger gelangweilt von einem First Couple ohne Affären und Allüren, dafür mit Witz, Charme und Charisma? Sehnten wir uns nicht alle nach mehr „Action“ – ganz in der Tradition des guten alten Ronald Reagan? Und: Endlich müssen wir für den allabendlichen Politgrusel nicht mehr kostenpflichtiges Netflix gucken, sondern bekommen House of Cards in den Öffentlich-Rechtlichen frei Haus. Das ist doch was!
Sicher, ein bisschen weniger Dallas und Denver-Clan hätten wir uns bei dieser Neuproduktion schon gewünscht. Weniger Solariumsröte und vor allem weniger von diesen Haaren! Weniger von den formlosen Achtziger-Jahre-Anzügen und den ewigroten, zu lang gebundenen Krawatten. Weniger glattgebügelte Ex-Models-Ehefrauen. Weniger Pomp und Glitzer – dafür mehr Geschmack. Da nützt es auch nichts, wenn die angehende First Lady schon mal die neue Stilikone mimt! Sorry, Melania, aber ein paar hübsche Klamotten und lange Beine reichen dafür noch lange nicht!
Spannend dürfte auch der Umbau des Weißen Hauses werden. Ob die güldenen Barock-Sessel, Tischchen und Kerzenleuchter und die Eros-Statue aus Bronze aus dem New Yorker Penthouse mit nach Washington D.C. dürfen? Ob womöglich auch am neuen Wohnort die Türen und Decken vergoldet werden? Dort bald Louis-XIV-Nippes die Regale und Kaminsimse zieren wird? Man will es nicht hoffen – aber das mit der Hoffnung ist ja erst am Dienstag letzter Woche gründlich schiefgegangen! Sicher ist allerdings: Die hausinternen Wasserfälle müssen im Trump Tower bleiben, Gott sei dank.
Die Kolumne erschien heute print und online in der WELT KOMPAKT.
Wer noch mehr WELT-Kolumnen aus meiner Feder lesen möchte – bitte schön: Hier sind meine gesammelten Mode- und Lifestyle-Kolumnen. Viel Spaß!
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Credits: Foto vom Goldrahmen: ©DMM Photography Art – fotolia.com; Illustration: Sibylle Zimmermann
11 Kommentare
am Freitag, 18. November 2016 um 08:41 Uhr
Liebe Susi,
Michelle Obama ist eine tolle, unheimlich humorvolle und clevere Frau. Auch Barack Obama wurde jetzt zum Ende seiner Amtszeit locker und witzig. Bin gespannt wie es weitergeht, der Trumpsche Clan nimmt die ganze Breite des Fernsehbildschirms ein. Da wird es genügend Stories geben, einen Vorgeschmack haben wir mit dem Armband von Ivanka ja schon bekommen. Das Weiße Haus wird auch diesen Clan überleben. Ich freue mich jetzt schon, wenn Melania beim traditionellen Ostereiersuchen mit Kindern im Garten mit ihren Highheels im weichen Gras stecken bleibt. Und der Frühlingswind die blonde Tolle davon weht.
am Freitag, 18. November 2016 um 08:43 Uhr
am Freitag, 18. November 2016 um 12:41 Uhr
am Freitag, 18. November 2016 um 12:44 Uhr
am Freitag, 18. November 2016 um 08:55 Uhr
Ich fand es schön, dass endlich keine dekadenten Egomanen, sondern mal zur Abwechslung Menschen mit Wertvorstellungen regiert haben. Dass man an so einer Position nicht alles richtig machen kann, begründet sich schon in der Sache selbst.
Jetzt kommen unlustige Zeiten auf Amerika zu. Schlechter Geschmack inklusive.
am Freitag, 18. November 2016 um 11:26 Uhr
Wie bezeichnet man einen sexistischen, rassistischen, faschistischen, triebgesteuertenund schlechten Geschmack habenden Typen: der ist einfach trumpy.
am Freitag, 18. November 2016 um 13:11 Uhr
Ehrlich, als ich die Bilder gestern sah, wo Obama so lässig und charmant über den Pariser Platz spazierte, kamen mir die Tränen. Der Kulturschock ist einfach zu groß: Hier der smarte und attraktive Obama, dort der Geldprolet mit schlecht sitzendem Toupet und noch schlechteren Manieren. Sind sich die US-Amis eigentlich im Klaren über diese Blamage?
am Sonntag, 20. November 2016 um 10:17 Uhr
am Freitag, 18. November 2016 um 13:49 Uhr
Liebe Susi,
wohl wahr. Leider werden Stilfragen zu den kleinsten Problemen gehören, denen sich die USA und die Welt mit Trump und seiner Sippschaft gegenüber sehen werden. Wie ich mit einer gewissen Erheiterung lesen durfte, vergleicht sich Mrs Trump schon mit Jackie Kennedy. Naja, sie hat das Frauenbild der sechziger Jahre und einen untreuen Ehemann dazu, soviel zu Gemeinsamkeiten. Aber alles andere? Wie sagte schon Coco Chanel: “Stil hat nichts mit Geld zu tun”, “kein Stil offensichtlich schon” möchte ich hinzufügen.
LG Claudia
am Freitag, 18. November 2016 um 19:49 Uhr
Tolle Kolumne. Schrecklich, daß es diesen Trump, äh, Grump, äh, Grund gibt, sie überhaupt schreiben zu müssen…
am Sonntag, 20. November 2016 um 20:34 Uhr
Und Michelles Designerin hat erwähnt, dass sie auf keinen Fall die nächste First Lady mit Kleidung ausstaffiert. Sie rät anderen Designerinnen, das genauso zu machen.