Auf das Leben!
Hallo? Sieht mich jemand?
Mit Anfang 40 las ich erstmals davon, dass Frauen ab 50 langsam aus der gesellschaftlichen Wahrnehmung verschwinden. Damals lachte ich. Was für ein Unsinn! Das Leben war schön. Ich fühlte mich attraktiv wie nie, stark und sehr, sehr sichtbar. Warum sollte sich das ändern? Ich würde das ganz bestimmt zu verhindern wissen …
Mehr als fünfzehn Jahre später fühle ich mich – jetzt sogar schon Ende 50! – immer noch blendend und liebe das Leben. Und doch fällt es mir immer häufiger auf: Ich betrete einen Raum – und keiner schaut auf, keiner sieht mich an. Anfangs glaubte ich an Einbildung. Oder eine Verkettung ungünstiger Umstände. Vielleicht hatte ich in der Nacht schlecht geschlafen oder einen Bad-Hair-Day? Vielleicht diese Bluse getragen, von der meine Freundin immer schon meinte, die Farbe mache mich blass? Oder vielleicht hatte mich der Kellner im Restaurant einfach nicht gesehen?
Aber es liegt nicht am fehlenden Schönheitsschlaf, am falschen Farbton oder dass das männliche Servicepersonal in Restaurants eine neue Brille braucht. Frauen ab 50 verschwinden tatsächlich langsam, aber sicher aus dem Blickfeld: in der Kultur, in der Wirtschaft sowieso, in der gesamten Gesellschaft. Ja, es gibt Ausnahmen. Aber es sind eben Ausnahmen.
Studien bestätigen, was wir Frauen erleben: Wir werden nicht nur weniger gesehen als Männer im gleichen Alter – wir bekommen auch weniger Chancen. Während ein George Clooney oder Brad Pitt in Hollywood nach wie vor Erfolge feiern, werden Frauen im selben Alter kaum noch gebucht, schon gar nicht für eine Hauptrolle. Ein Bondgirl im Alter von James Bond? Undenkbar. Dass mit Michelle Yeoh und Jamie Lee Curtis im Jahr 2023 zwei Frauen über 60 mit Oscars ausgezeichnet wurden, ist erfreulich – bleibt zu hoffen, dass dies kein einmaliges Statement bleibt.
In der Werbung zeigen weiterhin junge Models Produkte, die Frauen in ihrem Alter weder brauchen noch sich leisten können. Selbst „Best-Ager-Models“ sehen aus wie Anfang oder Mitte 30, nur eben mit silbergrauer Haarpracht. Beruflich gehört man als Frau ab 50 zum alten Eisen, während Männer in diesem Alter (womöglich mit Glatze und Bauchansatz, man übertrage das auf Frauen!) einen Karrieresprung machen und mit 63 Vorstand eines DAX-Unternehmens werden oder mit 78 US-Präsident. Kein Wunder also, dass sich der Eindruck immer weiter verstärkt, der weibliche Teil der Weltgesellschaft bestünde nur aus Frauen, die noch Meilen entfernt von der Menopause sind.
Genau das scheint Teil des Problems zu sein: Wir „unsichtbaren Frauen“ sind nicht mehr fruchtbar. Und so reagiert der limbische Teil der Männerhirne einfach nicht mehr, wenn wir als leicht angegraute Ladys an ihnen vorbeiflanieren. Dieser Teil ihres Gehirns stammt wohl noch aus der frühesten Menschheitsgeschichte, als reichlich Nachkommen sehr viel wichtiger waren als heute. Ist also das männliche Stammhirn an allem schuld? Nicht nur. Denn leider tappen auch wir Frauen gerne in diese Falle: Wenn jahrzehntelang körperliche Attraktivität und Äußerlichkeiten die erste Rolle spielen und die Weiblichkeit definieren, was bleibt dann, wenn sich die ersten Falten zeigen und frau nicht mehr ins männliche Beuteschema passt?
Was tun? Sich seufzend ins Schicksal fügen oder den gesellschaftlichen Normen den Kampf ansagen?
Weder noch. Ich habe mich für mehr Gelassenheit entschieden. Ein bisschen Unsichtbarkeit hat ja durchaus Vorteile: frau wird nicht mehr ständig angebaggert und ist keinen anzüglichen Sprüchen mehr ausgesetzt. Und was für ein Segen, nicht mehr den Schönheitsidealen unterworfen zu sein, mit denen wir alle sozialisiert wurden: Falten, Speckröllchen, Cellulite, Besenreiser? So what! Endlich müssen wir uns nicht mehr zur Fitness-Sklavin machen und können Eclairs und andere süße Sünden richtig genießen. Niemand erwartet von uns mehr den knackigen Beach Body einer Fitness-Influencerin wie Pamela Reif.
Die wichtigste Erkenntnis für mich ist: Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen ziehe ich jetzt aus mir selbst und nicht mehr aus der Reaktion von Männern auf mich. Und: Ich gebe diese Einstellung auch an meine Tochter weiter! Vielleicht ändert sich dann etwas. Vielleicht wird dann eine Frau mit Ende 70 US-Präsidentin.* Das wäre doch mal was!
Was Sie tun können, um auch im Alter sichtbar zu bleiben
→Verbünden Sie sich. Pflegen Sie Ihre Kontakte, netzwerken Sie! Männer haben ihre Verbindungen oder Seilschaften immer schon genutzt – da können wir Frauen uns wirklich etwas abschauen. Oder blicken wir zu unseren Nachbarn: In Frankreich etwa ist das Top-Management zu rund 40 Prozent weiblich besetzt. Warum? Auch deshalb, weil Französinnen ein viel aktiveres Networking betreiben als wir Deutschen.
→ Bleiben Sie selbstbewusst und präsent. Wir vereinen in uns so viel Lebenserfahrung, Wissen und berufliche Kompetenz, es gibt keinen Grund zurückzustehen und die Bühne anderen – jüngeren Frauen oder Männern – zu überlassen. Mischen Sie sich ein, sagen Sie Ihre Meinung, erheben Sie Ihre Stimme. Laut und vernehmlich.
→ Treiben Sie es bunt! Walle-walle-Tuniken, die die menopausalen Rundungen verstecken, lassen Sie nicht schlanker aussehen, sind aber der reinste Tarnkappenlook. Mein Plädoyer: Seien Sie mutig, entscheiden Sie sich für Farbe, für auffälligen Schmuck, für spannende Accessoires. Ein bisschen Paradiesvogel steht jeder Frau!
→ Seien Sie ein Vorbild. Für andere, für jüngere Frauen, für unsere Töchter! Leben Sie Ihr schönstes Leben, tragen Sie bis ins hohe Alter roten Lippenstift und lassen Sie sich von den Jahren, die in Ihrem Reisepass stehen, nicht aufhalten. Und: Unterstützen Sie andere Frauen! Denn nur gemeinsam können wir die Welt verändern.
*Zur besseren Einordnung: Den Text habe ich Anfang 2023 geschrieben. Da war eine mögliche US-Präsidentin nicht in Sicht – weder mit 59 noch mit über 70.
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Der Text stammt aus meinem Buch „Auf das Leben!“, für das ich noch weitere nachdenkliche, lustige, vor allem aber inspiriende Kolumnen über gutes und glückliches Älterwerden geschrieben habe. Plus siebzehn Porträts von Frauen, die durch ihre Haltung zum Leben und zum Altern (mit all seinen Höhen und Tiefen) echte Rolemodels sind.
Das Buch ist überall erhältlich, wo es Bücher gibt, in deiner Lieblingsbuchhandlung ebenso wie bei Amazon, Thalia, Autorenwelt-Shop etc. und natürlich auch bei mir direkt, auf Wunsch mit Widmung. Gerne verschicke ich das Buch in deinem Namen auch als Geschenk an deine beste Freundin. Schreibe mir dazu einfach eine Mail! Ich freue mich!
Wer mich und meine Arbeit auf andere Weise unterstützen will, kann mein Buch (bzw. meine Bücher) auch an Buchhandlungen empfehlen (dort ist „Auf das Leben!“ leider ziemlich unbekannt ...), ebenso an Büchereien oder Bibliotheken. Oder mir bei Amazon et al. eine Rezension schreiben oder ein paar Sterne schenken (für letzteres muss man das Buch nicht mal dort gekauft haben). Ich danke euch von Herzen!
Look:
Bluse + Hose: Katharina Hovman (aktuell gibt es bei Katharina 50 Prozent Rabatt auf die Sommerkollektion)
Collier: COS („Mein“ Collier ist leider nur noch in Silber erhältlich – ist aber auch sehr schön! Alternativen: diese hier oder diese oder diese.)
Schuhe: Sézane (Ganz ähnliche verkaufe ich übrigens gerade auf Vinted.. Kleiner Hinweis:: Man muss angemeldet oder eingeloggt sein,, um meinen Kleiderschrank zu sehen.)
Clutch: Gucci (gebraucht gekauft und ziemlich alt)
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Fotos: Martina Klein
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Auf Texterella dreht sich alles um Frauen über 50 - um Frauen in ihren besten Jahren! Die Themen meines Blogs sind Stil, Hautpflege, Reisen und Kultur, gutes Essen, kurz: Inspiration für ein schönes, erfülltes und zufriedenes Leben für Frauen 50plus! Vielleicht bist auch du eine Frau über 50 (oder 60 oder 70 …. ;) und magst mein Blog abonnieren? Dann verpasst du keinen Beitrag mehr! Geht ganz schnell: Mail-Adresse eintragen, absenden und – ganz wichtig!! – den Link in der Bestätigungsmail, die dir im Anschluss zugestellt wird, anklicken. Manchmal versteckt sich diese Mail im Spamfilter. Aber ohne Verifizierung, keine Texterella-Mail! :-) Dass ich mit deiner Adresse keinen Unfug betreibe, du dich auch jederzeit wieder abmelden kannst und dass dieser Service natürlich absolut kostenlos ist, muss ich sicher nicht extra dazusagen.
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