Texterella liebt Mode.
Aber bitte mit Farbe: Wie ich mein modisches Selbstbewusstsein fand
Kürzlich las ich, dass das Selbstbewusstsein von Frauen im Alter zwischen 60 und 70 Jahren seinen Höhepunkt erreicht. Erst fand ich dieses Ergebnis überraschend (warum eigentlich?), aber dann musste ich zumindest für mich persönlich zustimmen: Ich habe mich noch nie so wohl in meiner Haut gefühlt wie in den letzten Jahren.
Ja, stimmt: Die Fältchen wachsen sich langsam zu Falten aus, der beginnende Truthahnhals entlockt mir gelegentlich einen wehmütigen Seufzer und auch meine Winkeärmchen gereichen mir nicht unbedingt zur Freude. Trotzdem. Ich mag mich und ich gefalle mir. Plus: Ich habe in den letzten Jahren einerseits eine respektable Gelassenheit gegenüber meinen körperlichen „Mängeln“ entwickelt und anderseits eine große Experimentierfreude, was meinen Kleidungsstil angeht. Beides zusammen fühlt sich richtig gut an. Ich fühle mich frei, genau das zu tragen, wozu ich Lust habe – ob das anderen gefällt oder nicht, ob sie es passend, vorteilhaft, altersgerecht oder eben nicht finden, ist für mich ziemlich nebensächlich.
Wichtig ist, dass ich mich selbst mag.
Das war in der Tat nicht immer so. In meiner Jugend habe ich mich oft viel zu dick gefühlt, obwohl ich höchstens mollig war. Mode war schwierig, denn die Auswahl an modischer Kleidung in „Übergröße“ war vor 30, 40 Jahren deutlich kleiner als heute! Damals trug ich eine 40/42 – und konnte selbst in dieser Größe kaum Kleidung finden, die mir wirklich gefiel. Mit Anfang 30 passte ich für eine Weile sogar in eine Größe 38 – und fühlte mich trotzdem pummelig. In meinen Dreißigern hinterließen drei Schwangerschaften bei meiner Figur ihre Spuren. Bei jedem Kind hatte ich ordentlich zugelegt, und nicht immer nach der Geburt alles wieder abgenommen. Und als ich mich gerade einigermaßen mit meiner Figur ausgesöhnt hatte … kamen mit Ende 40 die Wechseljahre und mit ihnen noch ein paar Kilo mehr. Es wäre gelogen zu behaupten, all das hätte nichts mit meinem Selbstbewusstsein gemacht.
Ständig auf Diät leben wollte ich aber trotzdem nicht, mich dauerhaft in unifarbene, vermeintlich „vorteilhafte“ Tuniken kleiden ebenso wenig – und so entschloss ich mich zu einem ziemlich radikalen Schritt: einfach das zu tragen, wozu ich Lust hatte! Und so halte ich es bis heute. Meistens sind das eher minimalistische, cleane Looks, die ich mit auffälligen bis extravaganten Accessoires „pimpe“. Das Praktische an Accessoires ist ja, dass sie „one size“ sind und auch uns Curvys passen. Schuhe, Taschen, Hüte wurden schnell zu meinen liebsten Begleitern, denn da musste ich mir keine Gedanken um Größen machen.
Oft habe ich mich in den letzten Jahren gefragt, was mich heute in Sachen Kleidung und Körperbewusstsein so viel sicherer macht als in früheren Jahren. Zum einen habe ich mich einfach selbst „gefunden“. Ich bin ich, und ich bin gut wie ich bin. Ein paar mehr oder weniger Kilos ändern an dieser positiven Grundeinstellung mir selbst gegenüber nichts. Sicher hat auch die gesellschaftliche Entwicklung einen Teil dazu beigetragen: Dass Schönheit keine Frage von Größe 38 ist, findet einen immer breiteren Konsens (auch wenn wir nach meinem Empfinden in Sachen Vielfalt gerade wieder einen Schritt zurückmachen). Und: Auch das Angebot an schöner Plussize-Mode hat deutlich zugenommen. Es ist immer noch zu wenig, vor allem im Bereich wirklich hochwertiger oder nachhaltiger Mode, aber immerhin hat man jetzt eine ganz ordentliche Auswahl.
Natürlich ist nicht jeder Tag gleich, es gibt Tage, an denen fühle ich mich dick, hässlich und alt. Genau dann ist Mode aber besonders wichtig für mich: Ein Look, wie der auf den Fotos hebt an solchen Tagen meine Laune und pusht mein Selbstbewusstsein. Eines ist auf jeden Fall sicher: Ich mag mich heute lieber als noch vor 20 oder 30 Jahren.
Übrigens, weil ich das in letzter Zeit immer wieder gefragt wurde: Eine Farb- oder Typberatung (was auch immer Letzteres genau sein mag – ich kann mir darunter herzlich wenig vorstellen) habe ich nie gemacht. Ich glaube vielmehr an unsere eigenen feinen Antennen, die uns ziemlich genau empfinden lassen, was gut zu uns passt. Und wenn mir mal nach einer laut Typskala nicht idealen Farbe ist – so what? Dann wirke ich einen Tag halt mal ein bisschen blasser, das ist mir persönlich auch egal.
Zum Schluss zitiere ich mich kurz selbst: „Wir müssen niemandem etwas beweisen und nur uns selbst gefallen.“ Das gilt mit 50 oder 75 genauso wie mit 25. Wir müssen uns nur trauen.
Wie geht es dir mit dem Thema? Traust du dich aus deiner modischen Komfortzone heraus? Ich bin gespannt.
Look:
Eigentlich wollte ich heute andere, aktuellere Fotos verwenden – aber dann passte dieser Look einfach besser. Den haben wir allerdings bereits vor zwei Jahren für Peter Hahn fotografiert, die exakten Kleidungsstücke sind nicht mehr erhältlich. Ich habe dir ein paar Alternativen herausgesucht ...
Blazer: Breuninger hat eine große Auswahl an roten Blazern. Dieser hier hat mir besonders gut gefallen, und dieser auch. Den Blazer von Ulla Popken gibt es bis Größe 58/60.
Hose: Vielleicht die von Boden? Oder diese hier (zum Hugo-Blazer von oben). Oder diese schmale Hose von Ulla Popken.
Pinkes Shirt: das oder dieses hier (bis Größe 60)
Schuhe: Es müssen nicht unbedingt Sandalen sein. Diese Schlappen finde ich sehr cool, diese Slipper auch. Oder lieber Ballerinas?
Tasche: Diese hier von Ralph Lauren finde ich gut, oder diese von Aigner.
Kette: & other stories (wohl etwas zierlicher als die, die ich trage ...) oder auch hier
Meine nächsten Lesungen:
Ich würde mich total freuen, dich zu sehen!
→ 4. April 2025 in (73117) Wangen (Kreis Göppingen) in der Gemeindebücherei Wangen (aus „Auf das Leben!“) Anmeldung in der Bücherei direkt oder per Mail.
→ 6. Mai 2025 in (82377) Penzberg in der Stadtbücherei Penzberg (aus: „Auf das Leben!“)
Weitere Lesungstermine für 2025 findest du hier.
Weil ich das immer wieder gefragt werde: Ja, ich komme gerne auch in deine Region.
ABER: Ich brauche einen Veranstalter, der mich einlädt und mein Honorar zahlt. :-) Frag aber gerne in deiner Lieblingsbuchhandlung nach oder in einer Bücherei, VHS oder Kunstverein etc. Ich würde mich sehr freuen!
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23 Kommentare

am Sonntag, 23. März 2025 um 08:32 Uhr
Danke liebe Susanne, das tut gut, du sprichst mir aus der Seele:)
Ich wünsche dir einen wunderschönen Sonntag.
Frühlings Grüsse Tanya

am Sonntag, 23. März 2025 um 08:51 Uhr
Da bin ich ganz Ihrer Meinung und danke Ihnen für Ihre so positive Aufforderung, das zu tragen, woran man selber Spaß hat und was der eigenen Seele gerade gut tut.
Ich bin ein ganzes Stück über 60 Jahre alt und immer mollig gewesen. Daher kann ich das, was Sie schreiben nur bestätigen. Und zugegeben, es war oft eine unangenehme Zeit und diese trug wenig zur Steigerung des Selbstbewusstseins bei.
Da es ja allgemein heißt “Frauen über 50 werden in der Gesellschaft nicht mehr wahrgenommen” habe ich mich entschlossen, genau DAS als “Freibrief” dafür zu nehmen, mich zu kleiden wie ich will.
Und das tut mir richtig gut.
Ihnen allein einen guten Start in den Frühling.
Gruß Heike.

am Sonntag, 23. März 2025 um 08:52 Uhr
Ich habe einmal eine Farb- und Typberatung gemacht; das ging total daneben. Da war wirklich alles unwissend und unpassend. Eine zweite Chance habe ich bei einer anderen „Expertin“ versucht…no way. Wir sind die besten Expertinnen für uns. Toller Look übrigens
Liebe Grüße und einen schönen Sonntag Dir, Deinen Lieben und Deiner Community

am Sonntag, 23. März 2025 um 08:59 Uhr
Liebe Susi,
Ein schöner Artikel. Ja, das Selbstbewusstsein stabilisiert sich erst, wenn wir die eigene Endlichkeit spüren und begreifen, wie unwichtig - schön, schlank, faltenfrei - ist. Um so bedauerlicher, daß die Medien uns ein altersloses Bild der Frauen suggerieren und glauben, daß schlank und glatt glücklich macht. Farbe und die Entscheidung zu tun (und zu lassen), was wir wollen,in sich hinein hören und nicht alles mitmachen müssen ist ein großartiges Gefühl. Ein selbstbestimmtes Leben und die Freiheit eigener Entscheidungen sind der Luxus dieser Jahre und unseres Landes. Vergessen wir die vielen Frauen nicht, die diese Möglichkeit nicht haben. Setzen wir mit Farbe, einem strahlenden Lächeln und erhobenem Kopf ein Zeichen. Susi, Du bist das beste Beispiel. In diesem Sinne wünsche ich Allen einen schönen Sonntag.

am Sonntag, 23. März 2025 um 09:15 Uhr
...Übrigens ist eine Farb- und Stilberatung nicht immer schlecht. Ich habe das vor vielen Jahren im Rahmen eines BURDA-Nähkurses mal gemacht. Vieles wusste ich intuitiv, einiges war erhellend und leitet mich noch heute. Immer nach dem Motto- Alles kann, nichts muß.
Guten Morgen Liebe Susi,
Recht hast Du!
Wir sind inzwischen alt genug, um zu entscheiden was uns wohl tut.
Abgesehen von Farben betrifft das auch Materialien;
Ich weigere mich über €200 für Polyester (vielleicht auch noch von Sklavenarbeiterinnen produziert) auszugeben, wenn ich umweltfreundlich zweite Hand kaufen kann. Trage jetzt nur noch reine Baumwolle, Leinen, Wolle, Seide.
Für die Hochzeit meiner Tochter habe ich mir für zehn Euro ein türkisfarbenes Seidenkleid aus den 60er im Oxfam-Shop gekauft. Ich werde es von einer Schneiderin (oder vielleicht einer Textilstudentin an der hiesigen Modeschule) umzaubern lassen.
Einen farbenfrohen Frühling Euch allen,
Marion aus England
Strahlend siehst Du aus, liebe Susi. Du hast Deine Farben gefunden und Deinen Platz im Leben. Das ist sehr schön zu sehen.
Ich bin ja noch ein ganzes Stück älter und kann sagen, dass besonders die Zeit zwischen 50 und 70 großartig sein kann und das wünsche ich jeder Frau. <3
Danach wird es ein bisschen lauer… ist halt meine Erfahrung.
Mit Farbberatung habe ich auch viel Erfahrung. Im Rahmen meiner Seminare für Führungsfrauen haben wir schon vor 20 Jahren immer eine durchgeführt für jede Teilnehmerin durch eine kompetente Beraterin. Es kamen soviel stärkende und nachhaltige Ergebnisse raus - echtes Empowerment.
Nachdem diese Seminare über den Zeitraum von 6 Monaten gingen, konnten wir auch direkt die Erfahrungen der Teilnehmerinnen in der beruflichen Praxis erleben. War wirklich beeindruckend und beglückend!
Einen schönen Sonntag in die Runde und herzliche Grüße von
Sieglinde
Liebe Susi,
da sprichst du mir aus dem Herzen - oder direkt in mein Herz hinein?
Auch bei mir ist mit dem Alter das Selbstbewusstsein gestiegen, und ja, egal, welche Figur man gerade hat, irgendwie kommt da immer der Gedanke: zu dick, zu viel, zu kurz, zu ...
Inzwischen ist mir das egal, ich ziehe an, wonach mir gerade der Sinn steht. Ist bestimmt nicht alles vorteilhaft, aber so what?
Liebe Grüße
Karen

am Sonntag, 23. März 2025 um 11:12 Uhr
Liebe Susanne, Du siehst toll aus! Die Farbkombination ist ein echtes Statement. Mein Kleidungsstil ist ein völlig anderer als Deiner, aber Du hast mich schon vor längerer Zeit inspiriert, mehr Farbe zu wagen. Neulich auf einer Fortbildung saß ich zwischen zwanzig Frauen und Männern, davon fast alle erheblich jünger als ich. Ich war die einzige, die nicht in schwarz-grau gekleidet war, sondern unten weinrot, oben orange. War ein super Gefühl!
Was ich aber noch loswerden möchte - und ich hoffe, Du nimmst es mir nicht übel: Ich finde, Bezeichnungen wie “Winkeärmchen” und “Truthahnhals” können auch gleich mit weg, findest Du nicht? Ein Hals ist ein Hals ist ein Hals, und der sieht mit sechzig nun mal anders aus als mit zwanzig. Dito Oberarme. Ich habe noch nie gehört, dass die Oberarme von älteren Männern als Winkeärmchen beezichnet werden - geschweige denn, dass diese sie selber so nennen. Oberarme sind in jedem Alter eine ungemein praktische Angelegenheit. Was wären wir ohne sie?!

am Montag, 24. März 2025 um 11:15 Uhr

am Montag, 24. März 2025 um 09:45 Uhr
Liebe Susanne,
na, das ist doch wieder DEIN Look auf den Fotos. Immer wieder schön und motivierend, selbst mehr Farbe zu wagen.
Aber: Bitte verteufele das Wörtchen “vorteilhaft” nicht! Ich liebe es! Ich verbinde es immer auch mit einem gewissen Stil und Stilgefühl bei mir und bei anderen Leuten, wenn ich das Vorteilhafte an einem Outfit oder am Aussehen einer Person insgesamt loben möchte. Ja, auch die Figur/Silhouette spielt da meistens eine Rolle, aber: Ich sehe in letzter Zeit so viele junge Leute, die sich einfach was vielleicht Bequemes überziehen und mit einem gewissen Selbstbewußtsein durch die Gegend schlappen, frei nach dem Motto: Jeder kleidet sich, wie er/sie will! Das ist zuweilen ein schwerer Angriff auf zumindest meine Geschmacksnerven, da oft UNFÖRMIG UND UNVORTEILHAFT! Ihr wißt, was ich meine? Ich hoffe, doch ;-)
Liebe Grüße

am Montag, 24. März 2025 um 11:21 Uhr

am Montag, 24. März 2025 um 16:58 Uhr