Texterella liebt Mode.
Lasst uns so bunt sein, wie wir wollen!
Denke ich an meine Oma, sehe ich eine Frau mit graugesträhntem Dutt vor mir, gekleidet in eine kleingemusterte Kittelschürze. Die (beziehungsweise einer ihrer vielen „Geschwister“, die aufgereiht im Schrank hingen) trug sie eigentlich immer, außer zum sonntäglichen Kirchgang und zu besonderen Anlässen: Dann schlüpfte sie in ihr „gutes“ Kleid aus feinem Gewebe in gedeckten Farben. Meine Oma war damals – Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre – nur ein bisschen älter als ich heute. Und doch trennen uns optisch Welten! Hätte sie sich damals so farbenfroh und gelegentlich ausgefallen gekleidet wie ich heute, wäre sie wohl das Gesprächsthema der gesamten Nachbarschaft gewesen.
Mittlerweile ist rund ein halbes Jahrhundert vergangen, und während Frauen damals mit Mitte 60 zum alten Eisen zählten, sind wir heute in unseren besten Jahren. Und doch ist es immer noch ein Thema, wie wir uns in diesem Alter zu kleiden haben. Shorts gehen natürlich gar nicht, ärmellose Shirts ebenso wenig (schließlich könnten unsere Winkeärmchen stören) und im Sommer bitte lockere, die Figur umspielende Kleider. Selbst Radlerhosen und Jeans (!) halten manche Modeexpertinnen für unpassend. Aber auch Partnerinnen und Partner, Ehemänner beziehungsweise -frauen und Freundinnen oder die eigenen Kinder halten mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg, oft sogar ungefragt: „Das kannst du doch nicht mehr anziehen!“ – Unterton: „Dafür bist du schon zu alt.“ Online-Foren und Stilberaterinnen beschäftigen sich mit der Frage, was mit 50, 60 oder darüber „noch geht“ (oder eben nicht), und vor allem, was „vorteilhaft“ ist. Als gäbe es auf dieser Welt nichts Wichtigeres, als sich über vermeintliche „Problemzonen“ und Stilregeln Gedanken zu machen! Dabei sollte doch nur eines zählen: In welcher Kleidung gefallen wir Frauen uns, worin fühlen wir uns wohl, was macht uns gute Laune?
„Wir müssen niemandem mehr etwas beweisen und nur noch uns selbst gefallen.“
Im Kern dreht es sich aber gar nicht mal darum, was wir uns modisch erlauben und welchen Stil wir tragen. Es geht um etwas sehr viel Grundsätzlicheres: darum, selbstbestimmt älter zu werden, auch in der Mode. Und um die Frage, wie sehr wir uns unser Leben und Älterwerden von gesellschaftlichen Konventionen (und dem männlichen Blick auf uns) diktieren lassen wollen. Denn diese Frage darf man schon stellen: Wie kommen andere Menschen und Medien dazu, uns altersgerechte Stilregeln verordnen zu wollen und sich als Modepolizei aufzuspielen?
Ich wünsche mir eine Welt, in der jeder Mensch so sein kann, wie er oder sie sein möchte. Auch in Sachen Mode. Ich weiß aber auch: Da muss sich nicht nur die Gesellschaft verändern – wir Frauen müssen selbst daran arbeiten. Wir müssen lernen, mutiger zu sein und uns zu trauen – nicht nur in puncto Kleidung, da aber auch. Mode ist eine perfekte Spielwiese, um das Leben mutig anzupacken. Bei unserer Garderobe können wir peu à peu beherzter werden und uns ausprobieren. Raus aus der Komfortzone, rein ins Modevergnügen! Und wenn man modisch wirklich mal danebenhaut? Na und? Was soll schon passieren? Es sind doch nur Kleider. Lassen wir andere doch ihre Stirn runzeln, sollen sie doch einfach in eine andere Richtung schauen!
Einen Fortschritt in Sachen Modemut meine ich übrigens schon zu sehen: Das ominöse Rentnerbeige, das vor einigen Jahren in Parks, Fußgängerzonen und Einkaufzentren das Erkennungszeichen für alle über 60 war, treffe ich heute immer seltener. Stattdessen bleiben – vor allem! – Frauen chic bis ins hohe Alter und haben auch mit 80 oder noch mehr Jahren Freude daran, sich farbenfroh und durchaus auch modisch zu kleiden. Man denke nur an Iris Apfel (Jahrgang 1921!), Queen Elizabeth und natürlich auch Vivienne Westwood – so unterschiedlich der Stil der drei Damen war, Beige trugen sie nie. In farbenfrohen und extravaganten Looks sehen auch ältere und alte Frauen einfach fabelhaft aus!
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Der Text stammt aus: „Auf das Leben!“, meinem Glücksbuch für die besten Jahre
Fotos: Martina Klein, Berlin
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Lustigerweise ist mir erst, als ich auf „Veröffentlichen“ klickte, aufgefallen, dass es beim letzten Blogbeitrag ja auch schon um Farbe ging. Muss etwas Unbewusstes sein, wahrscheinlich eine gewisse Reaktanz gegen die Pantone-Farbe 2025 Mocha Mousse.
PS: Viele der oben gezeigten Looks findest du hier (manchmal auch nachgestylt). Und noch mehr Mode gibt es hier: voila!! (Ganz viel davon ist gerade im Sale …)
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Auf Texterella dreht sich alles um Frauen über 50 - um Frauen in ihren besten Jahren! Die Themen meines Blogs sind Stil, Hautpflege, Reisen und Kultur, gutes Essen, kurz: Inspiration für ein schönes, erfülltes und zufriedenes Leben für Frauen 50plus! Vielleicht bist auch du eine Frau über 50 (oder 60 oder 70 …. ;) und magst mein Blog abonnieren? Dann verpasst du keinen Beitrag mehr! Geht ganz schnell: Mail-Adresse eintragen, absenden und – ganz wichtig!! – den Link in der Bestätigungsmail, die dir im Anschluss zugestellt wird, anklicken. Manchmal versteckt sich diese Mail im Spamfilter. Aber ohne Verifizierung, keine Texterella-Mail! :-) Dass ich mit deiner Adresse keinen Unfug betreibe, du dich auch jederzeit wieder abmelden kannst und dass dieser Service natürlich absolut kostenlos ist, muss ich sicher nicht extra dazusagen.
19 Kommentare

am Sonntag, 19. Januar 2025 um 08:25 Uhr
Herzlichen Dank liebe Susanne
Ganz nach meinem Geschmack:)
Ich wünsche euch einen farbenfrohen und mutigen Sonntag.
Herzliche Grüsse Tanya

am Samstag, 25. Januar 2025 um 21:52 Uhr

am Sonntag, 19. Januar 2025 um 09:38 Uhr
Guten Morgen! Draussen ist die Welt verzuckert, drinnen spielt Sonntagsmusik (heute Steve Reichs Electric Counterpoint), ich trage meine Lieblingsweste - knallpink und orange - überm Nachthemd mit fliegenden Wildgänsen und frühstücke lilafarbenes (von den Beeren) Birchermuesli. Ich liiiiebe Farben, vor allem, wenn es ein bißchen „quietscht“, manchmal bin ich aber auch totally schwarz-weiß oder gerne auch grau. Das passt so gut zu meinen weißen Haaren. Ich wundere mich leise, dass das Selbstbestimmtsein immer noch so sehr thematisiert werden muß. Mensch, Mädels, tut doch, was euch gut tut!
Einen herrlichen Sonntag wünscht Tine (74)

am Samstag, 25. Januar 2025 um 21:54 Uhr

am Sonntag, 19. Januar 2025 um 10:40 Uhr
Liebe Susi,
ich trage auch gern bunt und so, wie es mir gefällt. Aber es gefällt mir halt nicht, wenn ich mich mit Größe 44 und 60 Jahren als Jugendliche (die sind ja nicht bunt!) verkleide mit Shorts und Tank Top und am besten noch bauchfrei. Müsste ich das tun, um als moderne Frau “in den besten Jahren” (was heißt das eigentlich?) durchzugehen?
Liebe Sonntagsgrüße
Gundula
Ist vielleicht auch der graue Winter, der nach Farbe verlangt.
An die Kittelschürzen kann ich mich auch noch gut erinnern. Allerdings hatte ich auch eine recht bunte Oma, die damals meinte, dass sich mein Schwarztick irgendwann “verwachsen” würde. Darauf warte ich bis heute, ich hab meinen Stil für mich gefunden. Sollte sich das mal ändern, hab ich aber auch überhaupt kein Problem, mir untreu zu werden. Die Gesellschaft ist ja längst offen für Farbe - oft sind wir es nur selbst, die uns nicht trauen oder in selbstkreierte Muster und veraltete Regeln zwängen.
Liebe Grüße!

am Samstag, 25. Januar 2025 um 21:56 Uhr

am Sonntag, 19. Januar 2025 um 10:50 Uhr
Guten Morgen,
ja klar, muss ich nur mir selbst gefallen. Diese ganze Gedöns um Dürfen oder nicht überlasse ich den Moderedaktionen, deren Ansichten ich dann geflissentlich ignoriere. Das sind nämlich dieselben, die sich gerade dafür rüsten, die vor Kurzem noch (dieses Mal aber endgültig!) mausetoten Skinny-Jeans wieder zu beleben.
Worin ich mir gefalle hat allerdings einiges damit zu tun, was mir “steht”. Das ist aber in erster Linie eine Typ-Frage; das Alter ist durchaus ein Aspekt, aber nur einer unter vielen.
Es gibt Klamotten und Farben, die mir stehen, mir aber nicht gefallen und solche, die mir gefallen, die mir aber nicht stehen; beides ziehe ich nicht an. Da kann sich in der Tat mit dem Älterwerden was verschieben. Schlicht, weil sich zB die Haar- oder Hautfarbe verändern, meistens werden sie blasser. Deshalb sehen ältere Menschen häufig so fade in Beige und Grau aus; es steht ihnen einfach nicht.
Ich habe immer schon farbliche Kontraste gebraucht und das ist auch heute (ich bin 61) so. Das kann eine cremefarbene Hose zur navy Bluse oder eben eine smaragdgrüne Hose zum lilafarbenen Oberteil sein. Habe ich beides und steht mir sehr gut. Und wenn das mit 80 noch so sein sollte, dann werde ich diese Kombinationen auch mit 80 so tragen.
Viele Grüße
Elisabeth

am Samstag, 25. Januar 2025 um 22:02 Uhr

am Sonntag, 19. Januar 2025 um 12:34 Uhr
Guten Tag an alle farbenfrohen Sternschnuppen,
ihr seit eine Augenfreude und ein Seelenstrahl in dem trüben, tristen Einheitsdunkel.
Ihr lasst das Herz lachen. Darum schwimmt weiter gegen die grau, schwarz, beige Farbwelle.
Mit eurer Farbpalette tretet ihr dem tristen Alltag kraftvoll entgegen und wärmt unsere Sein.
Ich möchte mich den Kommentaren anschließen und bekenne mich. Ich liebe Farben. Wenn dann doch ein edles Material und ein außergewöhnlicher Schnitt mit im Spiel sind, bin ich dabei.
Das war ein Prozess.
Angefangen hat es ganz leise und klein mit Schuh. Zu einem ruhigen Outfit ein farbiger, außergewöhnlicher Schuh.
Das ist nicht einfach. Sie sollten nicht nur farbig, elegant in Form und Muster, sondern auch bezahlbar und bequem sein… und das in meiner Größe.
Jetzt, nach ca. zwei Jahren, bin ich bei Oberteil, Unterteil, Mantel, Schuhe, Kopfbedeckung, Schal, Tasche…
Langsam arbeite ich mich zum Schmuck und der Körperwäsche vor.
Mit der Zeit findet man bezahlbare, zeitlose, passende Teile.
Nicht nur im Netz, auch im Handel gibt es oft sehr reduzierte Teile oder Rabattaktionen. Letztes allen Ernstes für 8.99€ eine Stiefelette im warmen hellen Braunton, passend zum Mantel, den ich dann mit Grün, Rot, Beere, Lila, Orange ect kombiniere.
Ich trage gegen die aktuellen Modevorschriften der Konzerne was mir gefällt und was mein Auge an mir erfreut.
Das ich so falsch nicht liege zeigen mir die Reaktionen.
Damen sprechen mich an und geben mir Komplimente. Oder sie mustern mich von Kopf bis Fuß und man sieht wie sie überlegen woher das Teil stammen könnte und ob sie soetwas auch kombinieren könnten.
Mir werden die Türen aufgehalten. Das hat mich am Anfang irritiert…
Viel öfter werde ich angelächelt… Nein, nicht ausgelacht, freundlichen angelächelt.
Ich schiebe einem Großteil auf meine (wenn auch ältere) Ausstrahlung. Ich fühle mich einfach wohl. Daher denke ich persönlich, es ist eben nicht Nur Kleidung. Es trägt auch zum Glücklichsein bei. (Nach langer sehr schwerer Krankheit)
Daher ist es mir immer eine riesen Freude eine bunte, glückliche Sternschnuppe in der Masse entdecken zu dürfen. Ich lächeln dann und wünsche mir
“Mögen es morgen noch ein paar mehr sein.”
In diesem Sinne Think Pink

am Samstag, 25. Januar 2025 um 22:04 Uhr

am Sonntag, 19. Januar 2025 um 17:56 Uhr
Liebe Susi, du sprichst mir aus dem Herzen! Ich bin auch eine ganz große Farbenfreundin / mein Motto ist: Farbe ist mein Antidepressiva ( ohne die Krankheit in eine Ecke stellen zu wollen!)
Ich werde immer bunter, je älter ich werde. Die Kassiererin beim Aldi nannte mich neulich „einen Lichtblick im Laden“, ist das nicht toll?
Die rote Hose von Boden, die du mit dem rosa Trenchcoat trägst, habe ich mir in leuchtendem pink geordert. Ich kombiniere sie am liebsten mit Streifen oder Polkadots- strahlt Lebensfreude pur aus.
Ich freu mich an deinen und meinen bunten Outfits, gerade um diese Jahreszeit!

am Samstag, 25. Januar 2025 um 22:06 Uhr

am Sonntag, 19. Januar 2025 um 19:16 Uhr
Ich liebe es,mich schön anzuziehen,das war immer so,.Meine Farben sind u.A.auch beige,aber ich kombiniere Mal monochrom,Mal mit Farbe,vorzugsweise orange oder Koralle,aber ich liebe auch die Grüntöne,die ja dieses Jahr “in Mode sind”.Sonst schert es mich wenig,ich trage,was mir steht und wo ich mich wohlfühle.Ich begreife immer nicht,wie viele Frauen in Klamotten rumrennen,nur weil die “in” sind.Ich bekomme oft Komplimente für meinen Style,es liegt aber daran,daß ich auch großzügig mit Lob an Anderen umgehe.Ich finde es immer wieder interessant,wie gerade Frauen erst ungläubig,dann glücklich auf Komplimente reagieren.Wie sollten viel mehr loben und nicht soviel meckern!Und jeder soll so nach seiner Fasson leben,wie er möchte(mit etwas mehr Farbe)

am Samstag, 25. Januar 2025 um 22:08 Uhr
Guten Abend,
Mocha Mousse ist sicher für die ganz jungen Frauen um 20 gemeint - hier scheint es mir ein Trend, und sie dürfen dies gerne tragen - ich nicht!
Ich muss mir öfter sagen lassen, dass ich mich mit fast 60 Jahren nicht altersgerecht kleide - und ich lerne jeden Tag mehr, dass es mir egal sein darf!
Je mehr ich jetzt tue, was mir gut tut - und das ist bunt oder cropped oder Glimmer oder destroyed und und und, desto mehr fühle ich mich wie ich selbst und tanke Energie.
Dank Susanne an meiner Silberhochzeit 2019 in Silber mit cropped Jeans ...
Wenn wir erst mal den beonderen Duft der Freiheit ab 50 geschnuppert haben, sind wir nicht mehr aufzuhalten!

am Donnerstag, 23. Januar 2025 um 13:42 Uhr
Und dann passiert mir doch glatt am Dienstag, dass meine “bessere Häfte” mich fragt, ob ich die Jeans unserer Tochter trage. Neeee, die gehört mir und ich finde die total toll und meine viel jüngeren Kolleginnen fanden sie auch toll und haben mich bestätigt. Liebe Susanne, du hast recht, wir selbst müssen es in die Hand nehmen und die Modewelt mutiger für uns Ü50er machen. Ich bin schon dabei. Ganz liebe Grüße und eine schöne Restwoche

am Samstag, 25. Januar 2025 um 21:58 Uhr
Exakt das! WIR müssen die Welt verändern, das wird uns niemand abnehmen!
Was für eine Jeans hattest du denn an? Jetzt bin ich neugierig geworden ...
Liebe Grüße!