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Ist Reisen noch zeitgemäß? Meine Gedanken zu einem schwierigen Thema.

Ich reise gerne. Immer schon wollte ich die Welt sehen, neue Kulturen erleben, überhaupt Neues und Anderes kennen lernen. Und jetzt, wo ich langsam unabhängiger werde, weil die Kinder ihre eigenen Wege gehen, möchte ich eigentlich wieder mehr unterwegs sein: in Deutschland und in der Welt. Ich bin neugierig auf Alles, was dort auf mich wartet. Und gespannt, was mir noch begegnen wird. Im Grunde kann ich es gar nicht erwarten, wie damals als Studentin hinauszuziehen in die Welt und sie mit staunenden Augen zu betrachten.

Und da beginnt mein großes Dilemma: Ist Reisen überhaupt noch zeitgemäß? Dürfen wir es unserer Welt und den nachfolgenden Generationen zumuten, dass wir – nicht aus Notwendigkeit, sondern einfach aus Lust und Laune – herumreisen, über Kontinente und Ozeane fliegen oder mit einem Kreuzfahrtschiff die Welt erkunden? Kann ich persönlich Reisen überhaupt noch mit Umweltschutz und mit meiner Moral vereinbaren? Und letztlich: Wie kann ich die Welt bereisen, ohne sie dabei zu zerstören? 

Susanne Ackstaller fragt: Ist Reisen noch zeitgemäß?

Ich weiß es nicht. Und ich hadere – mit mir, meinen Reisenträumen, meiner Lust auf ferne Länder.

Sicher ist: Reisen schadet unserer Welt. Flugzeuge belasten unser Klima extrem (und wer sich nicht vorstellen kann, wie viele davon gleichzeitig unterwegs sind, der möge mal auf der App flightradar24 schauen – es ist schier unfassbar!). Kreuzfahrtschiffe werden nicht nur mit hochgradig umweltschädlichem Schweröl betrieben, sondern spucken an Hafenstädten Menschenmassen aus, die dort in erster Linie eines hinterlassen: Müll. AirBnB (dessen ursprüngliche Philosophie ich liebe!) verringert die Anzahl von Mietwohnungen in Innenstädten und treibt dadurch Mieten weiter in die Höhe.

Andererseits: Viele Regionen dieser Welt leben vom Tourismus, in manchen ist es sogar ein Hauptwirtschaftsfaktor. Wenn wir nicht mehr reisen – wie entwickeln sich dort Wirtschaft und Wohlstand? Wo sollen die Menschen arbeiten, von was sollen sie leben? 

Reiselust ist mein Dilemma.

Eine gute Lösung für dieses Dilemma? Ich kenne keine. Trotzdem: Mit den Schultern zu zucken und einfach weiter zu machen wie bisher, damit ist es für mich nicht getan. Ein bisschen Selbstverpflichtung muss sein, finde ich. Ja, ich will weiterhin reisen – aber nicht um jeden Preis.

Fliegen. In Deutschland und im nahen Europa fliege ich nicht mehr, sondern fahre mit dem Zug. Ja, das praktiziere ich bereits (schon vor „Flugscham")– und ich mag es. Sehr sogar! Vom nächstgelegenen Bahnhof aus nach Frankfurt brauche ich drei Stunden, nach Berlin mit dem Sprinter 3,5. Hamburg ist in 5 bis 6 Stunden erreichbar, von Freising nach Paris dauert es ebenfalls nur sechs Stunden. Wien: 4 bis 5 Stunde, Prag: 5 Stunden. Sicher, mit dem Flugzeug bin ich auf manchen Strecken schneller – verbringe dafür aber sehr viel mehr Zeit mit Warten, in der Schlange stehen und Däumchen drehen. Im Zug setze ich mich hin und kann arbeiten. Oder einfach aus dem Fenster schauen. 

Fernreisen. Nicht mehr als eine pro Jahr. Ja, bereits eine Fernreise klingt nach Luxus, ich weiß! Aber realistisch betrachtet wird heute sehr viel um die Welt geflogen: zum Baden nach Bali, zum Weihnachtsshopping nach New York und zwischendrinnen übers Wochenende nach Mallorca. Das habe ich zwar nie gemacht – aber die Versuchung war da. Ist es noch! Fliegen ist leider einfach verführerisch günstig (apropos: Warum wird nicht endlich mal Kerosin besteuert?)

Kreuzfahrt. Mit Schaudern erinnere ich mich an die einzige Kreuzfahrt meines Lebens: Geradezu klischeehaft ergossen sich Tausende von Touristen auf Mittelmeerinseln und wurde in Schichten am Buffett vorbeigeschleust. Schrecklich. Darauf zu verzichten, ist kein Opfer für mich. Aber es gibt auch Cruises, die mich sehr reizen – die Hurtigrouten zum Beispiel oder Expeditionsschiffe in die Arktis oder gar Antarktis. Ich hoffe auf kleine, moderne Hybridschiffe und denke über klassische Postschiffe nach, die ja auch die Einheimischen versorgen. Wir werden sehen. 

AirBnb. Schwierig. Ganz schwierig. Ich wohne gerne in Hotels – wenn ich alleine reise. Aber wenn ich mit meiner Familie unterwegs bin, mag ich abends zusammensitzen: im Wohnzimmer, am Küchentisch, auf dem Balkon. Was AirBnB angeht, sind meine Gedanken im Fluss – ich bin noch zu keiner Lösung gekommen, die ich für mich wirklich machbar und vor allem durchhaltbar finde. 

Hotels. Bislang war es noch kein Kriterium für mich – aber warum nicht Hotels auch mal nach der Nachhaltigkeit ihrer Bewirtschaftung und Führung auswählen? Gibt es dazu vielleicht sogar schon Bewertungen?

Kein Grundrecht. Sondern Luxus.

Ich weiß, das bisschen Verzicht (und realistisch betrachtet wird es wohl auch Ausnahmen geben, schlichtweg weil mein Job Reisen mit sich bringt und ich da nicht immer selbstbestimmt bin) wird die Welt nicht retten. Vielleicht ist es mehr ein langsames Umdenken, ein sich Daran gewöhnen, dass wir nicht mehr so selbstverständlich und gedankenlos durch die Welt jetten können wie in den letzten 20 bis 30 Jahren. Vielleicht ist es auch der erste Schritt zu langsameren Reisen. Schließlich kommt man auch mit dem Zug weit – im Extremfall sogar bis nach China. Natürlich muss man sich die Zeit nehmen (können). Und vielleicht auch auf Komfort verzichten. Vielleicht müssen wir uns auch einfach wieder bewusst machen, dass Reisen eben keine Selbstverständlichkeit ist – sondern Luxus. Eine Hèrmes-Tasche würde man sich ja auch nicht dreimal im Jahr kaufen.

Wie sind deine Gedanken dazu? Bitte lass mich daran teilhaben – ich bin wirklich interessiert!

PS: Bei diesem Beitrag habe ich lange überlegt, ob ich ihn wirklich veröffentlichen soll – weil ich mich angreifbar mache. Ich tue es trotzdem. Weil es wichtig ist, darüber nachzudenken.

***

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4016 34 Texterella persönlich., 50+ Lifestyle 07.06.2019   umwelt, umweltschutz, was wirklich wichtig ist, weltweit

34 Kommentare

Nicole
am Freitag, 07. Juni 2019 um 07:07 Uhr

Guten Morgen, es gibt schon viele nachhaltige Hotels und Ferienwohnungen. Du kannst sie beispielsweise hier finden: https://bookitgreen.com/de/

Liebe Grüße
Nicole

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Claudia Braunstein
am Freitag, 07. Juni 2019 um 07:59 Uhr

Liebe Susi, ich habe schon vor vielen Monaten genau zu diesem Thema geschrieben. Der Schwerpunkt meines Blogs ist Reisen, auch wenn ich über andere Dinge genauso schreibe.  Es macht mir zunehmend fast Bauchweh und ich überdenke ständig mein Handeln in Bezug auf Reisen. Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass ich Fernreisen meiden möchte. Leider, denn meine Abenteuerlust ist noch lange nicht gestillt. Ich habe in den letzten Jahren eine große Deutschlandliebe entdeckt und bereise nun mehrmals im Jahr Regionen im Nachbarland. Immer mit der Bahn. Den Traum einer großen Luxuskreuzfahrt habe ich begraben. Aber ich werde auch heuer wieder eine Flusskreuzfahrt machen. Im Grunde bräuchte ich die Stadtgrenze gar nicht verlassen, denn Salzburg bietet täglich genug Stoff. Es gibt inzwischen mehrere Plattformen die das Thema Nachhaltigkeit offerieren, Green Pearls (hier handelt es sich um unbezahlte Schleichwerbung ;-)) wäre so ein Anbieter. Liebe Grüße, Claudia

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texterella
am Mittwoch, 19. Juni 2019 um 16:32 Uhr
So ist es. Wir schweifen immer in die Ferne ... dabei haben wir die Schönheit der Welt direkt vor der Haustür. Alles Liebe, Susi.

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Yvonne
am Freitag, 07. Juni 2019 um 08:39 Uhr

Ich finde es gut, dass man sich darüber Gedanken macht und denke Reisen sollte wieder mehr Wert bekommen.
Ich fliege kein Low Cost, weil Low cost so gar nicht nachhaltig ist und ich gerne bereit bin etwas mehr zu zahlen, wenn Dinge nachhaltig sind und es mir das wert ist. Auch ich fahre oft und gerne mit der Bahn, auch wenn ich eine Dienstreise mache und sogar fliegen dürfte. Man kann beim Reisen sehr darauf achten Aktzente zu setzen und mit Menschen sprechen und das Bewusstsein auch bei Hotels und Reisedienstleister verändern…Plastikstrohhalme sind für mich ein rotes Tuch und wann immer ich sie serviert bekomme, diskutiere ich bis zum Hotelmanager…

Danke für deine Gedanken und ein schönes Wochenende, Yvonne

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Karin Austmeyer
am Freitag, 07. Juni 2019 um 09:05 Uhr

Susi, mir geht es wie Dir, weil ich auch keine Lösung weiß. Ich reise nicht mehr so viel, weil Urlaub mache ich lieber, wenn überhaupt, zu Hause. Städtereisen reizen mich. Viele sind gut mit dem Zug zu erreichen und das Zugfahren kann sehr angenehm sein. Ab und zu zu fliegen, wird sich aber bei weiteren Zielen nicht vermeiden lassen.
Ich würde mir wünschen, dass die Menschen, weil ja so billig, diese Kurzreisen (Wochenende auf Mallorca usw.) einmal überdenken würden.
AirBnB habe ich erst einmal genutzt. Ich war mit meiner Schwester in Rom. Wir wohnten dort in einer sagenhaften Privatwohnung, die aber (nachprüfbar) nur für die Zeit eines geschäftlichen Auslandsaufenthaltes des Besitzers vermietet wurde. Das sagte und seine Mutter bei der Schlüsselübergabe und die Wohnung war tatsächlich nach einiger Zeit wieder raus aus dem Angebot. So ist es gedacht und schadet auch niemandem. Mittlerweile nimmt das leider ganz andere Ausmasse an. Eine Bekannte von mir wohnt hier in der Kölner Innenstadt und ist in dem Mietshaus mittlerweile die einzige normale Mieterin. Das geht natürlich nicht. Hier müsste es zumindest europaweit Gesetze geben, die auch streng kontrolliert würden und mit Strafen bei Zuwiderhandeln, die empfindlich weh tun. .

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Gudrun Lochte
am Freitag, 07. Juni 2019 um 09:10 Uhr

Hallo Susanne,
ein ganz wichtiges Thema und ich finde deine Einstellung gut. Auch ich fahre in Deutschland mit der Bahn. Und zu Hause? Ich wohne in einem kleinen Dorf auf dem Lande. Wenn ich in die Stadt fahre, dann nur bis zur Stadtgrenze, von dort nehme ich den Bus. Das ist viel entspannter. Ich habe noch keine Kreuzfahrt gemacht, aber allein der Anblick dieser Schiffe schüttelt mich.
Jetzt, wo ich in Rente bin, möchte ich auch mehr reisen und die Welt sehen . Wie und ob ich es mache, hängt dann von der Situation, von der Art und Weise und der Liebe zum Land ab.
Du hast in deinen Ausführungen so recht und ich kann mich denen nur anschließen.
Liebe Grüße
Gudrun

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Tina Skulima
am Freitag, 07. Juni 2019 um 09:14 Uhr

Es ist ein Dilemma. Ich hab es noch nicht gemacht, aber du bringst mir gerade diese CO2-Ausgleich-Geschichte ins Gedächtnis zurück. Wäre das nicht ein erster Schritt? Kann man das nicht teilweise schon zur Reise mitbuchen? Ich finde Jobreisen zum großen Teil überflüssig, wir haben doch Videotelefonie. Ich hoffe, dass auch progressive Home-Office-Regelungen helfen, Emissionen zu senken.

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Tina Skulima
am Freitag, 07. Juni 2019 um 09:15 Uhr
Ich hab den Link vergessen: https://utopia.de/ratgeber/fliegen-co2-kompensation-ausgleich/

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texterella
am Mittwoch, 19. Juni 2019 um 16:38 Uhr
Diese Art der Kompensation wollte ich eigentlich noch in den Beitrag hineingeschrieben haben. Hab's vergessen! DANKE! :-*

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Karin Roux
am Freitag, 07. Juni 2019 um 09:15 Uhr

Liebe Susi!
Auch ich reise gerne und viel. Aber ich habe mich bewußt gegen Kreuzfahrten entschieden. Und eine schöne Bahnfahrt kann mich gedanklich in die Zeit zurückreisen lassen, als wir noch mehr Zeit zum Reisen hatten. Allerdings muß ich leider feststellen, daß Bahnreisen immer mehr zu einem Streßunternehmen werden. Mein letztes Abenteuer:  Eine Kurzurlaubsfahrt Heilbronn - Köln und zurück. Weder auf der Hinreise, noch auf der Rückreise war auch nur ein Zug pünktlich. Und so ist das ganze Umsteige/Anschlußzug- Konstrukt hinfällig. Wenigstens hatte ich genügend Zeit, die Rückzahlformulare der Bahn auszufüllen! Ich hoffe jetzt, einen Teil meiner nicht unerheblichen Kosten erstattet zu bekommen. So lange das mit der Bahn nicht klappt, so lange werden wir fleißig im Auto im Stau stehen!
Herzlichst Karin

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Christine
am Freitag, 07. Juni 2019 um 09:37 Uhr

Für mich habe ich entschieden, nicht zu fliegen. Seit 2006, aber auch davor konnte man meine Flüge an zwei Händen abzählen. Wenn ich reise, reise ich mit dem Auto, wenn wir zu mehreren unterwegs sind. Und mit dem Zug, wenn ich alleine fahre.

Das heißt, ich werde vermutlich nie Neuseeland sehen, oder Mexico. Meinen Horizont muss ich mit anderen Erfahrungen erweitern. Ich denke aber, dass das durchaus möglich ist. Und wenn ich darüber nachdenke, was wichtiger ist; meine individuelle Horizonterweiterung oder eine lebenswerte Umwelt für die Kinder anderer Menschen (habe selbst keine) zu erhalten, ist die Entscheidung nicht schwer.

Wir sind in einer Kultur aufgewachsen, in der individuelle Weiterentwicklung durch Konsum (Reisen gehört auch dazu) als Persönlichkeitsrecht angesehen wird. Wenn man darüber nachdenkt, ist das natürlich nur Marketing, für Persönlichkeitsentwicklung kann man tausend Sachen machen, die kaum Geld kosten.

Wenn wir möchten, können wir uns aber „reprogrammieren“, das heißt umlernen und mehr in gemeinschaftlichen Werten denken/fühlen. Altruismus ist eine Eigenschaft, die sich nicht ohne Grund im Laufe der Evolution erhalten hat, sie sorgt nämlich dafür, dass die Gruppe insgesamt stabil ist. Es reicht offensichtlich nicht, wenn jeder sein eigenes Schäfchen ins Trockene bringt, wie wir in Zeiten von Artensterben und Klimawandel plakativ vor Augen geführt bekommen.

Also fahre ich im Sommer mit dem Liebsten nach Schleswig-Holstein und passe zwei Wochen lang auf die Katzen und das Haus einer Bekannten auf.

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Brigitte Adam
am Freitag, 07. Juni 2019 um 10:03 Uhr

Liebe Susanne,
Das Thema beschäftigt wirklich viele von uns. Ich habe derzeit nicht diese Sehnsucht nach Fernreisen, wobei sich das jederzeit ändern kann. Jede Bewegung zu anderen Regionen kostet die Umwelt Ressourcen; die Bewusstseinsmachung hilft bereits. Solange ich noch Kommentare höre, wie „ich hab noch ein Flugticket für 8,99 € nach Mallorca bekommen“, haben wir die große Herausforderung, das Bewusstsein zu wecken. Ok, Kreuzfahrten gehen für mich nicht; auch wegen der von Dir beschriebenen Erlebnisse. Ich bin aber Wasserfan und hab segeln gelernt. :-) Ich fliege noch ziemlich viel beruflich, das gilt es neu zu organisieren. Behalte bitte Deine Neugier, wenn ich das so sagen darf, auf andere Länder und Kulturen…Bewusstes reisen macht auch mehr Spaß, weil man sich besser vorbereitet. Viele schöne Reiseerlebnisse wünsche ich Allen!

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Silvan
am Freitag, 07. Juni 2019 um 11:28 Uhr

Hallo Susanne, mit diesen Fragen stehst Du nicht alleine da, aber es gibt viele Lösungen. Die wichtigste Lösung heißt meiner Meinung nach: Zeit. Sich Zeit nehmen für den Urlaub, und der beginnt mit der Anreise. Selbst in entlegenere Regionen Europas kommt man gut mit dem Zug, wenn man nicht den Anspruch hat, nach drei Stunden da zu sein - was auch nur Sinn macht, wenn man denkt, 4 Tage Urlaub an der Algarve würden irgendeinen Sinn machen.

Wenn die Anreise, oder zum Beispiel gut gewählte Zwischenstops, zum Teil des Urlaubs werden, begreift man erst wieder, dass die meisten Abenteuer schon auf dem Weg liegen, und dann tut auch ein verpasster Zug wegen etwas Verspätung nicht weh, wenn man aus einem Umstiegsknoten einen kleinen Aufenthalt macht, ein kleiner Urlaub im Urlaub sozusagen.

Wir als Familie fahren zum Beispiel gerne nach Italien - mit den Nachtzügen ist auch der Süden sehr gut erreichbar, mit oder ohne Zwischenstops in Mailand oder Rom. Für die Kinder ist das ein Erlebnis, selbst wenn es Zeit kostet - dafür lernen sie, was Entfernungen bedeuten. Und die Seele hat Zeit, mitzukommen an den neuen Ort. Und man erlebt, wie auf dem Weg nach Sizilien ein ganzer Zug in ein Schiff verladen wird. In Skandinavien wird es, dank Greta in Zukunft vermutlich auch wieder mehr Nachtzüge geben, nur die deutsche Bahn hat es natürlich geschafft, sie punktgenau da einzustellen, wo es komplett sinnlos war. Immerhin ist die ÖBB mit einem Teil eingesprungen, und verdient sogar Geld damit.

Oder Radreisen in Europa - zu Hause starten oder in der Nähe. Klingt vielleicht radikal, aber meiner Meinung nach muss niemand ständig hektisch durch fremde Kontinenten herumreisen, solange er zu Hause noch fast nichts gesehen hat. Einfach mal die ursprüngliche Isar am Oberlauf erleben und von der Quelle ab herunterradeln, oder den Ostseeküstenradweg, die Elbe oder den Main entlang, am Hochrhein oder durch den Schwarzwald, rund um den Bodensee oder oder mal die Donau von der Quelle bis nach Budapest und weiter fahren - das sind Erlebnisse, die nach meiner eigenen Erfahrung In Sachen Kultur (inkl. feinen lokalen Köstlichkeiten) und Natur viel nachhaltiger und vielfältiger sind als so manche “Fernreise”. Es gibt so viele Angebote, selbst organisiert oder auch fertig buchbare Rundum-Sorglos-Pakete von verschiedensten Anbietern auf verschiedensten Radwegen, wo für einen die Unterkünfte entlang der Strecke schon vorgebucht werden.

Oder selbst wer vielleicht nicht mehr so gut zu Fuß ist, und gerade zum typischen Kreuzfahrt-Publikum wird, sollte mal überlegen, ob nicht eine “Bahnkreuzfahrt” durch die Alpen, mit unseren tollen Eisenbahnen durch die Berge (Tauernbahn, Semmering, durch Graubünden via Albula- und Bernina-Strecke nach Italien, andere Pass-Strecken usw.) viel interessantere Panoramen und Eindrücke zu bieten hat.

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Angelika Lehmann
am Montag, 10. Juni 2019 um 08:44 Uhr
Das klingt sehr plausibel und wir handhaben es sehr ähnlich. Allerdings hast du einen Aspekt vergessen, der für viele einfach nicht zu vernachlässigen ist: das liebe Geld. Solange man für unter 300 € sich eine Woche lang den Ranzen vollstopfen und das schlechte Gewissen ersäufen kann, ist das ein Argument. Übernachten in Deutschland ist teuer und nicht jeder mag zelten, was legitim ist. Auch Essen gehen ist auf die Dauer teuer. Die Relation stimmt einfach nicht...

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texterella
am Mittwoch, 19. Juni 2019 um 16:37 Uhr
Bahnkreuzfahrt klingt wunderbar! Gibt es dazu einen speziellen Anbieter? Oder muss man sich das selber zusammensuchen?

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Regina Haefele
am Freitag, 07. Juni 2019 um 13:18 Uhr

Hallo, Frau Ackstaller,,
vielen Dank für Ihren Beitrag.
Ich möchte mich allen Vorrednern/innen und Schreibern anschließen.
Mit herzlichem Gruß
Regina Haefele aus Rastatt

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Chris
am Freitag, 07. Juni 2019 um 16:30 Uhr

Sehr spannendes Thema, was auch in unserer Familie diskutiert wird.. Meine älteste Tochter hat mir im letzten Jahr einen Trip nach London geschenkt - es waren tolle Tage mit etwas schlechtem Gewissen wegen des billigen Fluges..
In diesem Jahr hat sich meine Tochter etwas sehr Schönes überlegt: wir fahren wieder ein paar Tage weg, aber dieses Mal ins Sauerland… Sie hat uns ein wunderschönes Chalet am See gebucht, dazu kommen ein paar Wellness-Anwendungen. Wir werden viel Zeit zum Reden und Entspannen haben - ich freue mich sehr darauf und bin kein bisschen traurig, dass es nicht nach Barcelona, Rom oder Paris geht ;)
Mein Mann und ich fahren schon seit einigen Jahren nicht mehr weit weg - wir entdecken Orte in Deutschland, die wir beide nicht kennen und das macht uns sehr viel Spaß
Ich persönlich brauche weder Fernreisen noch Kreuzfahrten…

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Nicole
am Freitag, 07. Juni 2019 um 17:25 Uhr

Dieses /E-Mail-Adresse treibt mich sehr um. Ich glaube, grundsätzlich ist es richtig und wichtig zu reisen. Andere Kulturen, Sitten, Länder kennenzulernen. Was mich aber ärgert und umtreibt, ist, das Urlaub oder Reisen so beliebig wie ein T-Shirt Kauf für viele ist. Seit es das Reisen gibt, wird gereist- manchmal waren die Umweltbedingungen sicher nicht besser. Aber es wurde bewusster und besonnener getan- auch, weil es sicher eine Kostenfrage war. Aber man hat sich auch mehr darauf gefreut, es besonderer gefunden. Ich glaube, wenn das sog. Billigfliegen oder Reisen sich preislich normalisiert ( was es meiner Meinung nach aus vielen Gründen muss), würde schon eine Regulierung eintreten. Denn die Umwelt reinigt sich ja nicht nur durch nicht Anreise, auch vor Ort- Buffets, Handtuchwäsche etc. macht etwas mit der Umwelt. Ich glaube, wenn wir uns alle darüber klar werden, dann passiert schon etwas. Und jeder Schritt ist ein Schritt.

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texterella
am Mittwoch, 19. Juni 2019 um 16:34 Uhr
Was mich immer wieder ärgert: Warum wird Flugbenzin nicht besteuert? Dann hätte das Billigfliegen bald ein Ende! Liebe Grüße!

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Karen
am Freitag, 07. Juni 2019 um 21:12 Uhr

Liebe Susi,
Reisen war schon immer ein Luxus. Egal auf welchen Wegen. 
Deine Gedanken teile ich. Ich halte es ähnlich wie Du: Innerhalb des europäischen Festlandes per Zug, die Inseln mit dem Flieger. Keine Fernreisen, keine Kreuzfahrten. Daheim alle Strecken, die möglich sind per Rad.

Auf alles zu verzichten, denke ich ist auch falsch. Wofür haben wir den Fortschritt.? Es geht aber darum ihn sinnvoll zu nutzen. Dazu gehört auch die E-Mobilität oder Sonnenernergie auf dem eigenen Dach. Aber auch das können nur die sogenannten Besserverdiener.

Ich denke, dass jeder für sich den Weg finden muss. Wichtig ist, sich Gedanken zu machen und nicht einfach „weiter so“.

Schöne Pfingsten
Karen

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Tina von Tinaspinkfriday
am Freitag, 07. Juni 2019 um 22:31 Uhr

Liebe Susi,
ich möchte ehrlich sein, ich möchte auf Fernreisen nicht verzichten. Unsere erste Flugreise haben wir vor zwei Jahren unternommen, mit über 50 Jahren. Wir können es uns schlicht und einfach jetzt erst leisten. Die Kinder sind groß und verdienen erst seit diesem Jahr ihr eigenes Geld. Jetzt kann ich es mir leisten einmal im Jahr meine in Thailand lebende Mutter und deren Freunde zu besuchen und das möchte ich jetzt auch ohne schlechtes Gewissen tun. Ich bin über 50 Jahre nicht geflogen. Natürlich ist das ganz bewußt und wir bleiben auch 4 Wochen, das ist das maximale was bei uns geht. Das ist nicht mal wie kurz mal zum Shopping nach New York, wobei ich das auch gern noch erleben würde.
Aber ich denke man sollte dies alles, auch das Reisen als Luxus sehen.  Das tun wir. Ansonsten versuchen wir durch viele, wirklich viele kleine Dinge im Alltag ( und die sind auch nicht unerheblich)  auf die Ressourcen zu achten.
Aber ich verstehe total Deinen Gedankengang, ich habe auch gedacht: Mist jetzt wo ich anfangen kann mit dem Reisen steht es schwer in der Kritik.
Liebe Grüße Tina

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Susi
am Freitag, 07. Juni 2019 um 22:45 Uhr
Liebe Tina, du hast jedes Recht, deine Mutter zu besuchen - ich würde es nicht anders machen! Jedes Leben, jede Situation ist anders, und ich habe in dem Beitrag wirklich in erster Linie laut gedacht – wie ich mein Reiseverhalten ändern kann. Habe bitte kein schlechtes Gewissen. Auch ich werde sicher noch Fernreisen machen. Aber eben bewusst und überlegt: Wenn ich eine pro Jahr machen, kann ich in den nächsten 20 Jahren immer noch viel sehen, finde ich. Ich will mich auch lieber gar nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Weiß Gott wie das Leben spielt, und dann fliegt man vielleicht doch wieder ... achje, es ist schwierig. Alles Liebe!

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Tina von Tinaspinkfriday
am Samstag, 08. Juni 2019 um 18:52 Uhr
Danke Susi, Du sagst es. Man weiss aber auch nie wie das Leben spielt und wie lange man gesundheitlich noch gut reisen kann. Das ist dann immer ein ständiges Hin und her im Kopf... soll man... oder nicht. Bleiben wir einfach zu Hause im Urlaub? ... aber auch nicht immer leicht Zuhause zu entspannen. Ich finde es aber immer gut sich Gedanken um etwas zu machen. Dann wird es wertvoller und bewußter. Liebe Grüße Tina

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Jörg
am Sonntag, 09. Juni 2019 um 19:29 Uhr

Es ist wirklich ein schwieriges Thema, weil zwei Bedürfnisse miteinander kollidieren, die unvereinbar zu sein scheinen. Da ist zum einen die Verantwortung für die Zukunft unserer Nachfahren, denen wir es nicht schwerer machen wollen, als wir es selbst haben. Und die Befriedigung von Lust und Neugierde auf der anderen Seite. Zu einem vermutlich zu hohen Preis (Umweltzerstörung).

Was mir immer wieder durch den Kopf geht, ist die Frage, wie ernst zu nehmen unser Bedürfnis in die Ferne zu reisen wirklich ist, wenn wir es begründen mit: „ ... überhaupt Neues und Anderes kennen (zu) lernen.“ oder „... Andere Kulturen, Sitten, Länder kennenzulernen. ...“?
Ich befürchte nämlich, das Interesse an anderen Kulturen und Landschaften ist vielfach - also keinesfalls immer! - sehr oberflächlich und durch Werbung und dem eigentlich kindlichen „Will ich auch haben“ beeinflusst. Wie anders wäre sonst die erstarkende Fremdenfeindlichkeit zu erklären und das überwiegende Desinteresse, die „fremde Kultur“ über die hier lebenden Ausländer kennenzulernen?
Natürlich gibt es Reisende, die den Reiseführer vor der Reise fast auswendig lernen oder sich tief in die Religion oder Geschichte des zu besuchenden Landes einlesen. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass dies der kleinere Teil aller Reisenden tun. Es kommt schließlich nicht von ungefähr, dass die Feriendomizile rund ums Mittelmeer, sich mehr und mehr angleichen.
Vielleicht geht es uns in Wirklichkeit um Abwechslung, um das Erleben von etwas Nicht-Alltäglichem, wozu auch das Betrachten fremder Dinge gehört?
Das könnte dann aber auch mit einem kleineren ökologischen Fußabdruck geschehen, es müsste eben nur hinsichtlich seiner Erlebnistiefe intensiv genug sein.
Ein bisschen ist es wie mit dem Internet. Die fortschreitende Technik hat das Fernreisen einfach und erschwinglich gemacht (beim Internet ist es die private und öffentliche Kommunikation, die vereinfacht wurde). Nur was fangen wir mit der hinzu gewonnen Freiheit oder mit diesem neuen Werkzeug an? Bevor wir Antworten finden, hat schon jemand Möglichkeiten entdeckt, Geld damit zu verdienen und macht uns das neue Instrument auf seine Weise durch Werbung schmackhaft.
Im Grunde werfen uns die technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten auf uns selbst zurück. Nämlich auf die Frage, was wollen wir wirklich? Was stiftet uns Sinn und Erfüllung? Wie weit darf die Befriedigung egoistischer Bedürfnisse gehen?
Wir müssen reifer werden und sensibler. Damit wir erkennen, dass eine mehrtägige Wanderung im nahen Gebirge, die Mitarbeit auf einem Bauernhof oder die Reise (mit Reiseführer!) in eine unserer Städte genauso abwechslungsreich und intensiv sein können wie jede Fernreise. Oder will jemand behaupten die Länder, die wir z.B. mit der Bahn erreichen können, sind langweilig?

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texterella
am Mittwoch, 19. Juni 2019 um 16:31 Uhr
"Wie anders wäre sonst die erstarkende Fremdenfeindlichkeit zu erklären und das überwiegende Desinteresse, die „fremde Kultur“ über die hier lebenden Ausländer kennenzulernen?" Das ist mir auch immer wieder ein ganz großes Rätsel! Es ist einfach sehr bigott, finde ich. Alles Liebe!

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Christina
am Sonntag, 09. Juni 2019 um 21:24 Uhr

Ein wirklich schwieriges Thema, aber ich finde es gut, dass du deine Gedanken dazu so offen und ehrlich teilst. Das schätze ich, eher stumme Leserin, sehr an deinem Blog. Wir fahren seit Jahren in Deutschland und Europa möglichst mit der Bahn. Allerdings nutze ich regelmäßig das Auto im Stadtverkehr, auch nicht gut.
Liebe Grüße
Christina

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texterella
am Mittwoch, 19. Juni 2019 um 16:29 Uhr
Liebe Christina, ganz lieben Dank! Ich freue mich, dass du hier liest! Liebe Grüße!

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Annette
am Dienstag, 11. Juni 2019 um 11:19 Uhr

Liebe Susi, ein bißchen spät kommt mein Kommentar, aber äußern wollte ich mich dennoch. Vieles ist schon geschrieben worden, aber ein paar Dinge möchte ich noch anfügen. Wir sind oft mit dem (Leih)wagen in den Urlaub gefahren, weil es in manchen Gegenden (Frankreich!) fast nicht anders zu machen ist. Auch unser Lieblingsferienhaus an der Ostsee ist ohne die Karre nicht erreichbar. Ganz anders wird es, wenn man groß denkt und die autogene Komfortzone hinter sich läßt: Vor drei Jahren sind wir drei Wochen in Dänemark, Schweden und Norwegen mit dem Zug unterwegs gewesen, letzte Jahr waren wir in Großbritannien und Schottland mit ÖPNV und Zug mobil Komfortzone heißt in diesem Fall: hochorganisiertes Packen für drei Wochen, bei den Unterkünften auch an die Möglichkeit einer Waschmaschine denken und Gepäck so zusammen stellen, daß frau es auch selbst tragen kann. Klingt ein bißchen doof, ist aber auch eine interessante Übung, wenn man sich fragt, was man wirklich braucht. Was Airbnb angeht: wir haben in Kanada und Großbritannien sehr gute Erfahrungen gemacht: Unsere Gastgeber haben Gästezimmer und Räume in ihren Häusern zur Verfügung gestellt und ihr Leben mit den Gästen geteilt. In Kanada dürfen nicht kommerzielle Gastgeber höchstens vier (?, es könnten auch weniger) Zimmer vermieten. Zustände wie in Amsterdam oder Berlin sind damit deutlich erschwert. Und zum dritten Punkt: Fernreisen mit dem Flieger. Oh je, ganz schwer. Wir machen alle drei Jahre eine echte Fernreise. Demnach wäre nächstes Jahr wieder eine fällig. Kanada oder Japan? Reisen ohne schlechtes Gewissen kann es wohl nicht mehr geben. Aber mit etwas Überlegung und Planung können wir die Risiken minimieren. Herzliche Grüße Annette

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texterella
am Mittwoch, 19. Juni 2019 um 16:28 Uhr
Mit dem Zug zu reisen, finde ich unglaublich spannend! Man sieht ja auch viel mehr vom Land! In Europa möchte ich das unbedingt häufiger machen - aber auch wir fahren mit dem Auto an die Ostsee ;-)), weil der Ort mit dem Zug einfach nicht zu erreichen ist. Und weil es dann mit 5 Personen ziemlich schwierig wird. Wo seid ihr denn an der Ostsee? Liebe Grüße!

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Ariane
am Mittwoch, 12. Juni 2019 um 11:40 Uhr

Guten Tag, Susanne,

AirBnB ist für mich mittlerweile zu Reizthema geworden, überhaupt der Overtourism. Gerade in der Strasse, der wir wohnen, verschwinden nach und nach kleine Läden, Antiquitätengeschäfte, der Handwerker, der Bilderrahmen herstellt etc… , um Platz zu machen für Vermittlungsagenturen für Ferienwohnungen. Eine Kollegin meines Mannes erzählte kürzlich, ihr sei gekündigt worden. Ihr Vermieter erhofft sich nun, mehr Einnahmen durch Feriengäste zu erzielen. In den Supermärkten verändert sich seit Jahren das eh schon überteuerte Angebot; an der Kasse vor dir dann Schlangen von Touristen, die sich mit Kekstüten und eingeschweißten Tramezzini selbst versorgen. Haupternährungsquelle scheint zudem Eis zu sein; auch für immer neue Eisläden schließen alteingesessene Geschäfte, um diesen mir unverständlichen Hunger auf Eis zu stillen. Nun ja, Eis ist im Gegensatz zum Restaurantbesuch billig; soviel zu dem, wie viel Geld der Tourismus in die Touristenziele spült. Und nicht jeder lebt überhaupt vom Tourismus, aber jeder leidet mittlerweile darunter! Ganze Heerscharen von Kreuzfahrttouristen werden täglich herangekarrt.  Verkabelt, den Blick starr auf den Führer gerichtet, um ja nicht verloren zu gehen, verstopfen sie rücksichtslos die oft engen Gassen der Altstadt. Mercedes-Vans warten mit laufendem (!) Motor vor Kirchen und Museen, damit die Touristen die oft nur kurzen Strecken nicht laufen müssen.
Auch ich war - und bin (zur Zeit eher selten zum Vergnügen) -  Reisende. Aber ich habe noch so etwas wir Respekt vor dem Ort und seinen Bewohnern. Reise nicht in der “Herde”, sondern mit dem Kunstreiseführer in der Hand - vorbereitet auf das, was ich sehen möchte frei nach Goethe: man sieht nur, was man weiß!
Aber was nehmen die Touristen heute mit? Erinnern sie sich, ob sie dieses oder jenes in Rom oder Barcelona gesehen haben? Oder war es doch eher Madrid?

In diesem Sinne - nachdenkliche Grüße aus Rom
Ariane

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texterella
am Mittwoch, 19. Juni 2019 um 16:24 Uhr
Ja, ich verstehe dich. Und ich bin sehr froh, dass ich nicht in einer ausgesprochenen Tourismusregion lebe. Das würde mich, glaube ich, wahnsinnig und aggressiv machen. Liebe Grüße, Susi.

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Mieke
am Dienstag, 18. Juni 2019 um 21:49 Uhr

Liebe Texterella,

ich möchte noch gerne einen Gedanken zum Thema “Wasser predigen, Wein trinken” anfügen: Im großen und Ganzen kann ich die hier vertretenen Meinungen sehr gut teilen. Man sollte (sehr viel) weniger fernreisen, in sich hineinhorchen, ob es wirklich ein eigenes Bedürfnis ist oder ob man in der Weltgeschichte rumgondelt, weil es der Freundeskreis und die Nachbarn auch so machen. Ob Reisen wirklich den Horizont erweitert? Ich kenne einige Vielreiser, die nicht sehr erweitert erscheinen und denen man zurufen möchte: Lies doch stattdessen einfach mal ein gutes Buch.

Grundsätzlich geht es wohl darum, eine Abwägung zu treffen und zu versuchen die eigenen Bedürfnisse und die des Klimaschutzes einigermaßen unter einen Hut zu bringen. So weit, so gut.

Was mich aber aufbringt, sind die nicht wenigen Menschen, die sich für den Umweltschutz mehr oder minder lautstark engagieren,  beim Thema Reisen (oder Autofahren etc.) mit sich selber durchaus Milde walten lassen, aber dort wo es andere trifft, absolut kompromisslos sind: “Hambi bleibt, Der Braunkohleabbau muss weg und zwar sofort und was mit den Menschen geschieht, die im Tagebau arbeiten und ihren Job verlieren, ist mir doch hupe. Sollen die halt mit 50 eine Umschulung machen oder gleich von dort wegziehen.” Ich finde dies absolut inakzeptabel. Die gleiche strenge Messlatte sollen dieselbigen dann bitte auch an sich selbst anlegen und auf Flugreisen jedweder Art verzichten. Ein gutes Beispiel ist ist Luisa Neubauer, die derzeit wirklich in jeder zweiten Talkshow sitzt, dabei aber schon in jungen Jahren diverse Fernreisen gemacht hat. Oder Hannes Jaenicke, der zwischen seinen zwei Wohnorten in USA und Deutschland “pendelt” - cool und kosmopolitisch wie er ist (Ironie)- aber Tod und Teufel ruft über jeden, der eine Plastiktüte benutzt. Und leider ist diese Haltung nicht auf “Promis” begrenzt, sondern auch bei Privatmenschen weit verbreitet. Also in diese Richtung:  öfter einmal den kategorischen Imperativ bedenken, bevor man Dinge von anderen einfordert.

LG Mieke

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texterella
am Mittwoch, 19. Juni 2019 um 16:22 Uhr
Liebe Mieke, ich gebe dir da vollkommen recht – und ich gebe auch zu: Auch ich sitze im Glashaus. Deshalb versuche ich auch nicht mit Steinen zu werfen, sondern mein Leben ein bisschen umzugestalten. Aber perfekt wird es nicht werden, fürchte ich! Liebe Grüße!

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Reni
am Mittwoch, 19. Juni 2019 um 21:54 Uhr

Liebe Texterella,
ja, “Warum wird nicht endlich mal Kerosin besteuert?” - eine wichtige Frage momentan und ein extrem dringender Handlungsbedarf an dieser Stelle.
Ich werde diesen Kontinent wohl nicht mehr verlassen - zumindest nicht mit dem Flugzeug oder einem riesigen Kreuzfahrtschiff. Fernreisen heißen ja auch Fernreisen, weil das so weit weg ist. Und dafür kann man sich ja auch gerne mal etwas Zeit lassen. Mit der Transsib bis zum Pazifik und dann mit einem kleinen Schiff rüber nach Japan? Warum nicht, das würde ich wirklich gerne mal machen.
Vielleicht wachen ja noch ein paar mehr Menschen aus ihrem Mobilitätsrausch und Konsumwahn auf. Ich würde es uns wünschen.
Liebe Grüße
Reni

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