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Rentnerbeige? Nicht mit mir! (Und mit dir auch nicht!)

Vor ein paar Tagen stieß ich auf einen über zehn Jahre alten Magazinbeitrag, der besagte, dass das ominöse Rentnerbeige, das alle älteren Menschen (ab 60! Ähem!) trügen, genetisch vorbestimmt sei. Ich las den Artikel zweimal, kontrollierte das Datum – handelte es sich womöglich um einen Aprilscherz? –, las ihn ein weiteres Mal und bin bis jetzt nicht sicher, ob es sich dabei um Klamauk oder Ernst handelte. 

Renterbeige - ich will sichtbar bleiben!

Nun werde ich ja in sechseinviertel Jahren 60. Das schreckt mich nicht wirklich, aber glaubt man diesem Beitrag, wird es wohl Zeit, sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Vor allem sich der Frage zu stellen: Ist Beige wirklich unvermeidbar? Und ich spreche jetzt nicht vom modischen Beige, das uns lässig und nach Sommer aussehen lässt und perfekt zu pfirsichfarbenem Lippenstift passt. Nein, ich spreche von beigen Übergangsjacken, beigen Bequemschuhen und beigen Schlupfhosen aus Trevira.

Werden wir alle irgendwann beiges Trevira tragen?

Nun bin ich ja der ewige Optimist, für den das Glas immer halbvoll ist. In meinem Umfeld sehe ich noch keinerlei Anzeichen von Rentnerbeige, obwohl wir uns zumindest altersmäßig der Sache langsam annähern. Ich sehe fast ausschließlich lebensfrohe und neugierige Menschen, die vielleicht ab und zu über ein paar kleine Zipperlein, die wachsende Körpermitte und graue Haare seufzen. Aber Rentner-Beige? Nein.

Rentnerbeige? Nicht mit mir! Susanne Ackstaller zum Thema Rentnerbeige

Was mir aber doch auffällt: Wir verblassen. Wir werden unsichtbar, werden nicht mehr wahrgenommen, sind oft schon aufgrund unseres Alters außen vor. Als würden wir einen Schleier tragen. Ja, ab 50 fällt man plötzlich immer häufiger durchs Raster – als gäbe es uns gar nicht. Ich denke zum Beispiel an Veranstaltungen rund um das Thema Diversity, bei denen die vielfältigen Teilnehmer aber alle unter 35 sind. Oder an Junior PR-Beraterinnen in Agenturen, die höchst überrascht sind, dass es noch Bloggerinnen und Influencerinnen jenseits der 50 gibt. Hallo? Oder auch, dass hochpreisige Luxusartikel immer noch fast ausschließlich mit Frauen unter 25 beworben werden. Sicher gibt es Ausnahmen. Ausnahmen eben.

Ich möchte sichtbar bleiben!

Vielleicht sind wir aber auch ein bisschen selber schuld an der Misere. Sind zu leise, zu wenig mutig, zu wenig bereit, Neues auszuprobieren, haben den Biss unseres jüngeren Ichs verloren, bleiben zu oft im gewohnten Trott. Vielleicht sind wir auch zu bescheiden, stellen unser Licht zu schnell unter den Scheffel und lassen Jüngeren den Vortritt. Vielleicht ist es auch einfach bequemer, sich zu beklagen anstatt etwas zu ändern? Vielleicht ist es auch eine Mischung aus allem. 

Wir müssen uns mehr trauen. Und zutrauen. Auch mit 50plus.

Ich fasse mich durchaus an der eigenen Nase. Auch ich bewege mich häufig lieber auf bekanntem und gewohntem Terrain. Traue mich nicht, lasse Chancen ungenützt, bleibe in meiner Wohlfühlzone, weil aufstehen, Dinge ändern und Neues ausprobieren anstrengend ist, und unbequem. Ja, manchmal ist es so viel einfacher im Hintergrund zu bleiben, unsichtbar zu sein und einen beigen Tarnmantel über sich zu werfen. 

Aber führen wir so das Leben, das wir führen wollen? Oder bleiben wir hinter unseren Möglichkeiten zurück? Ich glaube schon. 

Es gelingt mir nicht immer, aber ich versuche meine Chancen zu nutzen und meine Träume zu leben. Alltagsabenteuer in mein Leben einzubauen und häufiger mal links abzubiegen. Neues in mein Leben zu bringen und lieber ein bisschen anders als angepasst zu sein. Ich versuche bunt zu bleiben und mich nicht hinter beige zu verstecken. Auch wenn verstecken manchmal einfacher ist – aber doch auch viel langweiliger. 

Schließlich – und wie schnell wird das vergessen! – habe ich nur dieses eine Leben. Und du auch.

Look:

Tüllrock: Etsy

Bluse: Ralph Lauren*

Sneakers: Converse*

Ohrringe: Mango

Lippenstift: Avon Everyday Red

*Affiliate-Links. D.h. wenn du über diesen Link einkaufst, bekomme ich eine kleine Provision. Und davon kaufe ich mir garantiert nichts Beiges. 

Fotos:

Martina Klein, MKpictures, Feldafing

***

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9546 13 Texterella liebt das Leben., 50+ Lifestyle 25.09.2019   50plus-lifestyle, älterwerden, lebensfreude, pro-aging, texterella liebt das leben., texterella persönlich

13 Kommentare

Claudia Braunstein
am Mittwoch, 25. September 2019 um 08:19 Uhr

Liebe Susi, schade, dass ich hier kein Foto einstellen kann, dann könntest du sehen, dass ich gestern in Beige gehalten auf dem Salzburger Rupertikirtag, Oktoberfest für Kulrturhauptstädte sozusagen, mit dem Kettenringelspiel gefahren bin. Ziemlich mutig in Beige, dabei werde ich erst in 3 Jahren 60 ;-)
Liebe Grüße aus Salzburg, Claudia, bekennende Beigeträgerin

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Brigitte Adam
am Mittwoch, 25. September 2019 um 08:24 Uhr

Liebe Susanne,
Letzte Woche bekam ich von „Peter Hahn“ eine Produkt EMail mit folgendem Titel: Begeisterung für Beige – jetzt die neue Trendfarbe entdecken
Da dachte ich auch…will man uns jetzt wieder unsichtbar machen? Also Beige…ist nicht meine Farbe; aber kombiniert mit kräftigem rot, grün oder blau…dann kann das auch ab und zu sein. Beige und weiß ist im Sommer auch schön.
Liebe Grüße
Brigitte

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Susanne
am Mittwoch, 25. September 2019 um 09:33 Uhr

Ich bin in diesem Jahr 60 geworden, mache diese Zahl aber nicht an meiner Kleidung fest. Mir steht beige einfach nicht. Es macht mich blass. Das einzige was ich in beige im kliederschrank habe ist ein klassischer Trenchcoat, der aber unbedingt mit einem Tuch aufgepeppt werden muss. Ansonsten ist mir ziemlich egal was die Modeindustrie meint. Ich trage das, was mich glücklich und zufrieden macht.

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Dagmar
am Mittwoch, 25. September 2019 um 10:41 Uhr

Ich bin nun schon im 7. Jahr über die 60 hinaus und habe genau 2 beige Kleidungsstücke im Schrank, einen Trenchcoat, den ich aber immer mit Farbe aufpimpe und einen Cardigan, der zu weiss im Sommer oder cognac und schwarz getragen wird. Ansonsten passt mein Motto als Malerin auch in meinen Alltag und meine Gaderobe - von kanariengelber Jeans oder blauen und roten Blusen zu weisser Jeans: „colour your life“!  In diesem Sinne…lasst uns Farbe in den trüben Mittwoch bringen.  Übrigens ist dein Outfit wieder so ein Wowstatement….
liebste Grüsse

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Tina von Tinaspinkfriday
am Mittwoch, 25. September 2019 um 17:47 Uhr

Liebe Susi, was für wunderschöne Fotos! Du siehst fantastisch aus! Und recht hast Du niemand sollte unsichtbar sein.  Ich bin für Farbe und ich denke das wird sich so schnell nicht ändern. Es wird eher noch “schlimmer” . Kennst Du: “Je oller, je doller”? :)
Liebe Grüße Tina

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Iridia
am Donnerstag, 26. September 2019 um 05:56 Uhr

Ich hab mal gelesen, dass viele ältere Menschen um die 70 deshalb zu beige greifen, weil ihre Haut heller wird und es der Haut sichtbar schmeichelt, außerdem ist für die meisten noch Dunkel die Farbe des Alters, wie auch der Dutt für diese Altergruppe noch nur in diese Altersgruppe gehörte. Beige ist wohl auch schon seit 10 Jahre passé, eben auch aus diesen Gründen, aber hell wird immer noch favorisiert. Man will halt nicht zum bekannten Image gehören.

Ich bin gespannt, wie man unser Alter mal aus der Sicht der Jugend her klassifiziert.

Dass Frauen über 50 weniger gesehen werden, liegt nicht an den Frauen, sondern daran, dass man merkt, wie stark die Wirkung der Biologie ist und sie hauptsächlich als sexuelle oder mütterliche Wesen gesehen werden. Die junge Frau ist omnipräsent, die ältere findet selten, als Ergänzung und nicht wenig als Kontrapunkt der „alten Hexe“ statt. Ich finde nicht, dass man mit Äußerlichkeiten Aufmerksamkeit erregt, ich glaube, der Rückzug ist selbstgewählt mit den Jahren. Irgendwann geht es nach innen, nachdem man so lange einfach schon von der Jugend her auffällig war.
Es ist ja nicht nur das Beige, im Alter wird man erst mal richtig betroffen sein vom Tod naher Leute, die immer zum Leben gehörten, man wird wohl mit dem Nachlassen der Kräfte an die eigene Endlichkeit erinnert und setzt seine Prioritäten anders und muss wohl auch die Kräfte anders einteilen. Wir sehen nur, dass sie nicht mehr auffallen, wissen aber noch nichts vom Leben in dem Alter, dass durchaus seelisch sehr viel mehr Würde bekommen kann.  So lange wir selbst ältere Frauen an der Farbigkeit der Kleidung festmachen, am Makeup und gefärbten Haaren, sehen wir nur die Oberfläche und sie werden, anders als Männer, die das alles nicht brauchen, nicht zur sichtbaren Gesellschaft gehören. Selbst wir sehen Frauen so, wieso sollten es Männer und junge Menschen anders machen? Wir haben kein Image für die ältere Frau, dass sich nicht an der Jugend orientiert. Damit werden wir das Nachsehen haben, je älter wir werden. Das nur als Gedanken dazu.

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Susi
am Montag, 30. September 2019 um 08:01 Uhr
"Wir haben kein Image für die ältere Frau, dass sich nicht an der Jugend orientiert. " Da hast du allerdings sehr recht! Mir ging es in diesem Beitrag auch nur vordergründig um Farbe und Mode, sondern tatsächlich um das Verblassen als Mensch, als Frau. Vielleicht ist es auch nur meine persönliche Eitelkeit, dass ich mir das nicht so richtig gefallen lassen will. Vielleicht könnte man auch anders sagen: Ich will wahrgenommen und gehört werden. Weil ich noch viel zu sagen haben. Liebe Grüße!

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Edith Nebel
am Donnerstag, 26. September 2019 um 08:16 Uhr

Beige war noch nie meine Farbe. Aber seit ich grauhaarig bin, trage ich gerne Grau. Über meinen Vater, den seine Kollegen wegen ebendieser Marotte mit diversen Spitznamen belegt hatten, hab ich immer geschmunzelt. Jetzt mach ich das auch so. Aber ich finde einfach, es sieht gut aus. Soll natürlich nicht heißen, dass ich meinen farbenfrohen Klamotten gänzlich abgeschworen habe. Das Grau ist nur dazugekommen.

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Birgit
am Donnerstag, 26. September 2019 um 15:48 Uhr

Liebe Susanne,

ich trage seit einiger Zeit am liebsten ROT und zwar die Sommerfarbe, auch im Winter.

Davon abgesehen kann es schon sein, dass uns in den letzten Jahren ein Platz zugewiesen wurde, den wir ohne zu überlegen eingenommen haben.

Wir sind viele, und umso befremdlicher ist es, dass wir fast ausgegrenzt werden.

Auch ich möchte das nicht weiter zulassen und auch nicht akzeptieren.

Lass uns also diese Sache im Blick haben und uns laut und bunt zeigen - mit allem, was wir sind und haben. Das ist ein sehr wichtiges Thema.

Danke fürs Aufgreifen!

Liebe Grüße Birgit

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Heike
am Donnerstag, 26. September 2019 um 19:50 Uhr
lihabiboun
am Freitag, 27. September 2019 um 17:03 Uhr

Verehrte Madame Texterella, ich bin jetzt dann gleichmal durch mit meinem Berufsleben aber Beige kommt mir nicht in die Tüte: Ich seh
darin aus wie gek .... Ich bin der Wintertyp: Schwarz/Weiß/Rot und am besten immer a good red lip. Lassen wir uns doch nicht einreden, machen wir einfach nicht!  Punkt!!!
Ihr pink-roter Mantel, der wär auch was für mich ....

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Sabine Fuchs
am Samstag, 28. September 2019 um 17:18 Uhr

Liebe Susanne,
Margarete Stokowski schreibt in ihrem Buch “Untenrum frei“ sehr treffend: “Wenn die Sichtbarkeit von jungen Frauen zu Machtpositionen verhelfen würde, dann fragt man sich warum Frauen dort immer noch nicht anzufinden sind. “ Deswegen frage ich jetzt mal ganz ketzerisch:
Was hat uns die Sichtbarkeit gebracht? ... Just saying.
Die Frage ist doch , warum will man gesehen werden und von wem ...
Unsere Chance ist doch jetzt, gesehen zu werden, weil wir unsere Meinung laut vertreten, eben nicht mehr gefallen müssen/wollen.
Und da, glaube ich kann auch kein Beige der Welt etwas dran ändern :)))
Tolle Fotos, übrigens von dir und sooooo sichtbar :)
LG
Sabine

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Susi
am Montag, 30. September 2019 um 07:56 Uhr
Liebe Sabine, genau das: Ich will jetzt gesehen werden, weil ich niemandem mehr gefallen muss - außer mir selber. Und deshalb bin ich es mir selber schuldig, nicht in der Unsichtbarkeit zu verschwinden. Liebe Grüße! Susi.

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