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the Curvy Column

Matsch-Couture für mehr Bodenhaftung

Gelegentlich dauert es eine ganze Weile, bis bestimmte Beiträge auf Texterella erscheinen. Wie diese Kolumne, die ich für the Curvy Magazine geschrieben habe – über eine Modenschau des Haute-Couturure-Labels Balanciaga während der Paris Fashion Week im Herbst. Die Show war damals ein ziemlicher Aufreger und ging durch die internationale Presse, und auch ich habe mir meine Gedanken darüber gemacht. Obwohl das Thema mittlerweile „durch“ ist – ich mag den Text und ich möchte ihn dir gerne zeigen. Ich denke, man kann auch jetzt noch etwas daraus ziehen. Vor allen Dingen: Mode ist mehr als nur irgendeine Klamotte, die wir anziehen, um nicht nackt durch die Gegend zu laufen. Sie kann politisch sein und ein Zeichen setzen. (Aber obacht – so ein Statement kann auch nach hinten losgehen ...)

Voilà: 

Matsch-Couture für mehr Bodenhaftung

Die spanische Luxusmarke Balenciaga – wir kennen sie bereits von der Mülltütentasche für rund 1.700 Euro – hat auf der Paris Fashion Week ausgezehrte Models durch grauen Matsch waten lassen, anstatt sie über den Laufsteg zu schicken. Natürlich handelte es sich dabei nicht um irgendeinen Modder aus einer x-beliebigen Sandgrube – nein, mit der Matschbeschaffung war der Installationskünstler Santiago ­Sierra beauftragt worden. Das Dystopie-Spektakel vor schlammiger Kulisse wollte Balenciagas Chef-Designer Demna (der nur mit seinem Vornamen angesprochen werden will) allerdings nicht weiter erklären. Oder doch: irgendwas mit Luxus-Antithese und Bodenhaftung. 

Natürlich darf Mode das. Politisch und kulturkritisch sein, eine Haltung haben und sie auch kommunizieren. Man denke an Queen Elizabeth, die sich kurz nach dem Brexit-Entscheid mit einem blauen Hut zeigte, den gelbe Sterne zierten. Oder Michelle Obama, deren Garderobe zur Amtseinführung ihres Mannes sehr sorgfältig auch unter gesellschaftspolitischen Aspekten ausgewählt worden war. Außenministerin Annalena Baerbock wird auf ihren Auslandsreisen sogar von einer Stylistin begleitet – um modische Fehlgriffe und Fettnäpfchen zu vermeiden (man denke nur an Melania Trumps Parka mit der Aufschrift „I don’t care – do you?“, den sie bei einem Treffen mit Geflüchteten trug). 

Und natürlich dürfen Modedesigner provozieren, ja, vielleicht müssen sie es sogar. Aber mit diesen apokalyptisch anmutenden Endzeitklamotten – während nicht weit Soldaten tatsächlich durch grauen Matsch robben und um Leben und Freiheit kämpfen – ist für mich eine Grenze überschritten. Zumal die bleiche Model-Truppe von Trump-Unterstützer Kanye West angeführt wurde, dessen Accounts die Plattformen Instagram und Twitter kürzlich wegen antisemitischer Äußerungen sperrten. Ich habe mit Provokation und Systemkritik nun wirklich kein Problem. Aber für mich schmeckt das Ganze eher nach einem PR-Gag, einem reichlich zynischen allerdings. Mögen die Modejournalistinnen und Chefredakteurinnen die Show auch frenetisch beklatscht haben … mir ist ehrlich gesagt eher nach „Igitt!“. Schließlich dürften die Looks demnächst in hochpreisigen Modegeschäften hängen und für sehr viel Geld verkauft werden. Eine kritische Auseinandersetzung mit Konsum und Luxus sieht für mich anders aus. 

Mag sein, dass ich mich eines gewissen Eskapismus schuldig mache – aber mir ist die bunte Heile-Welt-Mode derzeit deutlich lieber. Mode in Bonbonfarben, die mich aus der Nachrichten-Tristesse entführt und zumindest kurze Zeit für gute Laune sorgt. Mäntel, Jacken und Pullis in Pink und Orange, Zitronengelb und Grasgrün – Farben des Regenbogens, und der steht ja seit jeher für Kraft, Zuversicht, für die Sehnsucht nach einer besseren Welt. Womöglich ist genau das der Grund, warum Demna doch ein paar bunte Farbtupfer in seine düstere Matsch-Couture eingestreut hat. Ohne einen Funken Hoffnung will wohl auch er nicht sein.

Illustration: Ulrike Haseloff

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8 Kommentare

Kerstin
am Sonntag, 11. Dezember 2022 um 08:20 Uhr

Liebe Susi,

JAJAJAJAJA!!!! Du sprichst mir aus der Seele.
Diese Gedanken hatte ich genauso wiue Du, ich kann sie nur nicht so schön in Worte kleiden.
Danke, dass Du es getan hast . . und so auf den Punkt gebracht.,
Liebe Grüße
Kerstin

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Tina von Tinaspinkfriday
am Sonntag, 11. Dezember 2022 um 09:04 Uhr

Hm ich glaubs grade nicht, dass ich das nicht mitbekommen habe.  Wo ich doch Modenachrichten geradezu verschlinge und online jede Zeitschrift blättere die was mit Mode hat und von meinem Abo angeboten wird, Das ist ja nicht das einzige schlimme, wenn ich da so im Netz um die Marke recherchiere. Die Sache mit den Kindern lässt mir auch die Haare zu Berge stehen. Und Hallo die können doch nicht behaupten, von solchen Werbekampagnen nichts zu wissen?!  Rege mich grade voll auf. Wie ironisch kommt mir grad mein neuer Post vor, in pink mit pinker Balenciaga Tasche, die ich bis heute innig geliebt habe. Bin wirklich am überlegen, die Fotos zu bearbeiten und neu hochzuladen. Herjeh. Ich glaube Du verstehst was ich meine. Was würdest Du tun?
Ich bin ganz bei Dir, solche Aktionen gehen zu weit.
Ich wünsche Dir ein wunderschönes 3. Adventswochenende, liebe Grüße Tina

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Beate
am Sonntag, 11. Dezember 2022 um 10:34 Uhr

Liebe Susanne,
Du hast recht, eine solche Show ist respektlos. Und es ist ja nicht so als hätte dieser Krieg gerade erst angefangen.
Ich mag eine gewisse Provokation in der Mode sehr gerne, wenn sie einem zum nachdenken bringen will (z.B. Benetton vor Jahren), aber es gibt Grenzen und diese Show, noch dazu in Kombination mit Kanye West ist eine davon.
Mir selbst stehen diese Schlammfarben, - ‘ Nichtfarben‘ wie ich sie nenne sogar ziemlich gut, ich kombiniere sie dann aber trotzdem gerne mit einem knalligen Wolltuch oder ähnlichem. Wir brauchen Farbe in unserem Leben!
Gerade jetzt, egal wo man, in meinem Fall München, auf den Straßen unterwegs ist: die Masse trägt dunkle, triste Farben. Das hat natürlich auch Vorteile, z.B. wenn man auf einem Weihnachtsmarkt mit Glühwein übergossen wird und nicht, wie ich, einen hellen Mantel an hat…..
Bleib weiterhin so bunt!

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Claudia Braunstein
am Sonntag, 11. Dezember 2022 um 11:31 Uhr

Mode darf vieles, auch hässlich und politisch sein. Aber Mode darf keinen antisemitischen Rassisten als Provokation auf die Bühne schicken. Übrigens ist auch die neueste Aktion mit den Fetisch Teddys auch sehr fragwürdig…..
Liebe Grüße, Claudia

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Ria Schatzschneider
am Sonntag, 11. Dezember 2022 um 12:22 Uhr

Wie gut, dass du es in deinem Blogg kritisch ansprichst. Mir war dies bisher gar nicht bewusst. Dankeschön

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Dagmar Perez, Atlanta, Georgia, USA
am Sonntag, 11. Dezember 2022 um 14:36 Uhr

The Balenciaga Fashion Show is the ugliest, most twisted and repulsive thing I have ever seen in my whole life following fashion.  It was like watching an apocalyptic horror film.  Thank you for shedding light on this subject.  I love your blog!

Dagmar Perez
Atlanta, Georgia
USA

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Sieglinde
am Sonntag, 11. Dezember 2022 um 15:46 Uhr

Die Show kenn ich nicht. Aber so wie Du sie beschreibst, ist es übel. Sowohl von den Protagonisten wie vom Sujet. Da fühlt frau sich wirklich benutzt und es wird mit Ängsten gespielt und gleichzeitig werden sie total verharmlost: ist ja alles nur Mode ...
Dabei ist Mode natürlich ein gesellschaftliches Abbild und insofern ist diese Show sehr reell. Dass sie dennoch unredlich ist, kommt für mich daher, dass sie von einem Luxuslabel ist, dem anscheinend Respekt und Menschenwürde gleich sind und das dennoch seine Waren gut und teuer verkauft. Umso erstaunlicher! Hier müssten die KundInnen mit dem Geldbeutel abstimmen…
Gut, dass Du darauf hinweist, was so alles für Auswüchse im Modebereich zu finden sind.
Liebe Grüße, Sieglinde

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Dagmar Behr
am Sonntag, 08. Januar 2023 um 11:58 Uhr

Wie ist das eigentlich mit der Bodenhaftung?
Wir sagen hier im Norden
Stoh fast, kiek wiet un rög di! - wörtlich: Steh fest, sieh weit und reg dich!
Bodenständigkeit, Weitsicht, Regsamkeit und nicht zu vergessen Empathie, das zeigst du in deiner Meinung.
Danke!

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