Frauen ab 40: Das Montagsinterview mit Xenia Rabe-Lehmann.
Xenia Rabe-Lehmann war (als Senior Beraterin einer Berliner Agentur) über einige Jahre meine Kundin. Dann wurde sie Facebook-Freundin, dann Blogleserin. Irgendwann habe ich sie gefragt, ob sie Lust auf ein Montagsinterview hätte. Erst wollte sie nicht, dann aber doch, Gott sei dank!, denn Xenia ist für mich ein wenig der Prototyp meiner „Montagsfrauen“: klug, humorvoll, herzenswarm, gebildet – und mit über 40 genauso attraktiv wie mit Anfang 20. Mindestens. Xenia ist studierte Publizistin, hat viele Jahre in der PR und seit 15 Jahren in der Werbung gearbeitet. Privat gehört ihr Herz dem Gärtnern – ihr Garten ist ihre große Leidenschaft, dem sie, die Berliner Großstadtpflanze, mittlerweile sogar ein Blog gewidmet hat: berlingarten. "In meinem Garten finde ich den perfekten Ausgleich zum Job am Schreibtisch. Hier geht alles seinen entschleunigten Gang“, sagt sie. "Der Garten ist ganz meins und spiegelt meine Persönlichkeit wider.“ Das Blog ist aber nicht nur Selbstzweck: Es geht um den Erhalt ihres Gartens, handelt es sich doch um einen Schrebergarten. „Schrebergärten liegen zwar einerseits wahnsinnig im Trend, werden aber andererseits – zumindest in Berlin – an allen Ecken und Enden von Planierraupen bedroht.“ Von daher hat berlingarten durchaus auch ein politisches Anliegen.
Xenia Rabe-Lehmann, 47.
Für 2015 hat sich Xenia Spannendes vorgenommen: raus aus der Komfortzone und etwas Neues wagen. Unter anderem auch das Montagsinterview auf texterella … :-) Ich freue mich sehr darüber, liebe Xenia!
Wie würdest du deine Einstellung zu Mode bezeichnen oder beschreiben? Hat sie sich im Laufe deines Lebens verändert?
Mode interessiert mich. Ich lese zwar keine Zeitschriften und schnuppere auch nur bei ausgesuchten Blogs wie texterella rein, aber ich nehme mein Umfeld wahr und weiß instinktiv, was von den „Trends der Straße“ für mich adaptierbar ist. Und dann habe ich zwei Freundinnen aus der Modebranche, bei denen ich zu bestimmten Terminen schon heute die Klamotten des nächsten Jahres kaufen kann: Musterteile, die ich günstig schieße wie die silberfarbenen Leggings von Barbara Becker, die erst im Frühjahr/Sommer 2015 im Handel sein wird. Solche Anlaufstationen sind auch insofern praktisch für mich, da ich überhaupt nicht mehr gern shoppen gehe, sondern nur noch gezielt einkaufe.
Early Adopter: Silberleggings vom kommenden Sommer! (2014)
Als junges Mädchen und auch noch als Studentin war das anders: Damals habe ich den Großteil meiner Freizeit in den Fußgängerzonen verbracht. Immer auf der Suche nach den besten Schnäppchen. Ich bekam 200 DM von meinen Eltern pro Saison, davon musste ich alles an Klamotten und Schuhen (!) bestreiten. Mein Interesse, möglichst gut und viel für wenig zu bekommen, war daher enorm.
Schon immer eine Garten-Liebhaberin! (1987)
Heute lasse ich mich von meiner Teenager-Tochter durch die Kaufhäuser schleppen und durch sie inspirieren, ohne aber etwas anzuprobieren oder zu kaufen. Ich steuere meine wenigen Stationen an, wenn ich Ruhe habe und ganz für mich den Einkauf genießen kann. Das sind z. B. die Läden der Berliner Labels Evelin Brandt, IchJane oder Sylvia Heise, in denen ich nach schönen und reduzierten Teilen schaue. Internet-Shopping ist übrigens nichts für mich, ich will die Stoffe anfühlen, die Schnitt-Details sehen und die Passform sofort testen können.
Welche Stilrichtung bevorzugst du? Wie hat sich dein Geschmack im Laufe deines Lebens verändert – und warum?
Ich trage im Prinzip seit ich 20 bin ganz ähnliche Sachen. Die Röcke sind heute nicht mehr so kurz, klar. Aber schwarze Anzüge oder Kleider, graue Blazer, gut sitzende Jeans plus weißes oder schwarzes T-Shirt oder Bluse, das sind die Basics, die ich wohl auch mit 70 noch lieben werde. Und meine Chucks und Vans, die ich seit meiner Teenagerzeit trage – ein Paar sogar noch als Original und von meiner Tochter neidisch beäugt.
Xenia mag Stilbrüche ... (2014)
Mein Styling: Ich mag Stilbrüche. Perlenkette? Nur zu Jeans- oder Lederjacke! Prinzessinnenröckchen? Gern mit Waldbrandaustreter-Boots. Ton-in-Ton muss auch nicht sein. Wie sagen die Damen bei Shopping Queen gern: „Die Steppnähte deiner Schuhe passen farblich nicht zu den Ohrringen, das gibt Punktabzug.“ Papperlapapp für mich. Ich liebe für Accessoires, Schuhe, Taschen, Hüte, aber auch Mäntel, starke Farben wie gelb, rot, lila, signalblau. Oder mein grüner Mantel. Ich denke mir: Das Grün passt zu nichts, also irgendwie auch wieder zu allem.
... und reduzierten Look. (2014)
Wie ich meine Stilrichtung beschreiben würde, weiß ich gar nicht mal: eher reduziert als verspielt, eher sportlich als folkloristisch. Ich weiß aber, wie ich wirken möchte: souverän und unverkleidet. Auf jeden Fall soll sich die Kleidung mir unterordnen und nicht andersherum. Schön und ausgewählt ja, aber nicht zu auffällig. Das finde ich auch deshalb wichtig, weil ich mit 1,80 m Größe (oft plus hohe Hacken) auch so schon ein Statement bin.
Hattest du modische Vorbilder? Personen oder Persönlichkeiten, die deinen Stil geprägt haben – oder eine modische Ära?
Ich habe mir mein Studium als Visagistin für Chanel verdient, daher hat mich Coco geprägt. Ich identifiziere mich mit ihrem Vermächtnis, dass Kleidung zwar elegant sein soll, die Frau aber nicht einengen oder in ihrer Aktivität bremsen. Ihr Viel-Schwarz-Look passt ebenfalls zu mir. Ich habe noch den Trend erlebt, sich nach Farbtypen testen zu lassen. Ich bin eindeutiger Wintertyp, sodass schwarz-weiss, ergänzt um dunkelblau und klare, kühle Töne, mir gut steht.
Hast oder hattest du ein Lieblingskleidungsstück?
Vor einem Vierteljahrhundert habe ich mir als Studentin aus einem wolligen Missoni-Stoff einen schlichten, leicht ausgestellten Rock genäht. Wenn ich den im Herbst das erste Mal wieder anziehe, fühle ich mich sauwohl. Lustig ist, dass manche meiner Freundinnen und Kolleginnen dann sagen: „Ach schön, dass du den wieder anhast“, den Rock also wie einen lieben alten Freund begrüßen.
"Alter Freund": Rock aus einem Stoff von Missoni" (2014)
Wenn ich mich bei einer Kleidergattung bedanken sollte, dann bei Strickjacken. Als notorische Frostbeule habe ich zig Exemplare vom klassischen Cardigan über Fransenmodelle, Kingsize-Hüllen bis hin zu kuscheligen Strickblazern im Schrank.
Wie hat sich deine Einstellung zu Schönheit und Aussehen in den letzten Jahren verändert? Inwieweit hat das Älterwerden damit zu tun?
Ich habe kein Problem mit meinem Alter, trauere meinem Jugendgesicht aber doch eindeutig nach. Komischerweise wirkt sich das nicht dahingehend aus, dass ich umso fleißiger im Tuning wäre, sondern sogar nachlässiger geworden bin – oder sollte ich sagen: entspannter? Ungeschminkt wäre ich mit Anfang 20 noch nicht mal zum Mülleimer gegangen. Und ich wasche mir auch nicht mehr täglich die Haare, früher war das selbstverständlich.
Wohlfühllook! (2014)
Ansonsten kann ich zufrieden sein mit meinem Äußeren: Ich habe bis heute das Glück, dass ich essen kann bis der Arzt kommt, aber nie ein Schneider auch nur eine Naht auftrennen müsste. Ein rundlich-weicheres Gesicht kann ich mir allerdings abschminken. Es gibt ja den Klischee-Klassiker „Kuh oder Ziege?“ – was ich sein werde, ist klar.
Zur Kosmetik: Bist du eher der Wasser-und-Seife-Typ oder glaubst du an die Möglichkeiten moderner Produkte?
Ich bin gezwungenermaßen ein Wasser-Seife-Typ. Und da habe ich hier auch eine Botschaft: Mädels, falls ihr hartnäckige Hautrötungen und Bläschen am Kinn und rund um den Mund habt, dann kann das eine spezielle Krankheit sein, die keine Akne ist, wie mir selbst die Spezialisten in der Charité jahrelang weismachen wollten. Das ist wahrscheinlich eine periorale Dermatitis. Man kennt sie auch als Stewardessen-Akne, die häufig vorkommt und ab dem 30. Lebensjahr auftritt.
Bei der Hautpflege gilt: "Weniger ist mehr." (2013)
Was bei den meisten Frauen völlig ok ist, kann meine Haut nicht ab. Sie wird durch Feuchtigkeitscreme und Make-up überfeuchtet, die Hornschicht quillt auf, die natürliche Hautbarriere gerät aus der Balance. Es kommt zu Hautirritationen. Nun entsteht ein klassischer Teufelskreis: Weil man Pusteln bekommt, verwendet man die viel zu scharfen Akne- und Abdeckprodukte – was zu noch mehr Entzündungen führt. Und nun zurück zur Frage: Wenn man nach der Diagnose konsequent NICHTS mehr an Pflege oder Make-up verwendet, wird es viel besser. Also benutze ich neben einem medizinischen Gel nur Augenpflege, die ich auch auf die unkritische Stirn auftrage, und gönne mir da auch was Teureres. Sehr achte ich auch auf die Pflege von Hals und Dekolleté.
Du bist auf Reisen und hast deine Waschbeutel vergessen. Zahnpasta und Seife gibt es im Hotel. Auf welche drei (Kosmetik-)Produkte kannst du keinesfalls verzichten und kaufst sie sofort ein?
Deo, Sonnenschutz und einen taupe-farbenen Lidschatten von Chanel. Mit ihm arbeite ich meine Augenbrauen heraus und setze Schatten auf den äußeren Lidbereich. Von meinem Ausbilder bei Chanel habe ich seinerzeit gelernt, dass Lidschatten – wie der Name ja eigentlich auch sagt – nur durch das Setzen von Licht und Schatten das Auge modellieren soll. Farbakzente sind nachrangig. Also ist dieses Produkt der beste Partner der Wimperntusche und ermöglicht ein vollständiges Augenmake-up.
Am Meer. (2009)
Wenn du dir ein (noch nicht existierendes) Produkt von der Kosmetikbranche wünschen dürftest: Welches wäre das?
Das hat hier neulich schon mal eine Kollegin im Interview gesagt: ein richtig wirksames und gesundheitlich unbedenkliches Deodorant.
Hast du ein Schönheitsgeheimnis?
Ich färbe mir alle drei Wochen die Haare, ich gehöre leider zu den dunkelhaarigen Menschen, die schon früh weiß werden. Entsprechend pflege ich meine Haare dann auch mit Friseurkosmetik: Absolut Repair Lipidium von L'Oréal Professionnel.
Ich liebe diesen Bob! (2004)
Nach dem Duschen verwöhne ich mich mit der Körpercreme – nicht Bodylotion, oh nein, großer Unterschied! – von Chanel No. 19 (trage dann aber das Parfum nicht mehr zusätzlich auf). Ich genieße es total, wenn selbst abends meine Sachen noch zart und irgendwie natürlich-harmonisch duften, ohne dass es je zu aufdringlich würde.
Was würdest du in Sachen Schönheit gerne mal ausprobieren?
Wie meine Haut und Haare darauf reagieren, wenn ich den ganzen Winter im sonnigen Süden verbringe – unter einem Sonnenschirm mit ausreichend Flüssigkeit in hübschen Gläsern serviert.
Liebt Knallfarben. (2012)
Gibt es ein Mantra, das dich durch dein Leben begleitet?
Es gibt ein neues Mantra: Du musst dein Ändern leben.
Danke fürs Dabei sein, liebe Xenia – und danke für dein tolles Mantra! Ich nehme mir das mal zu Herzen!
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Mehr spannende Interviews mit spannenden Frauen jenseits der 40 gibt es übrigens hinter diesem Klick.
9 Kommentare
am Montag, 19. Januar 2015 um 10:57 Uhr
Klasse, wenn man solche Freundinnen an der modischen Quelle hat :-)
Zum Glück habe ich ziemlich unempfindliche Haut, aber auch ich überpflege meine Haut nicht und fahre damit sehr gut.
Und mit dem Ändern anfangen ist schon ein guter Schritt ;-)
LG
Annette | Lady of Style
am Montag, 19. Januar 2015 um 13:53 Uhr
Ein tolles und spannendes Interview und zur Krönung dieses Mantra. Wunderbarer Start in die Woche. Danke dafür. ;)
am Montag, 19. Januar 2015 um 13:56 Uhr
am Montag, 19. Januar 2015 um 16:03 Uhr
am Montag, 19. Januar 2015 um 19:52 Uhr
Bezaubernde Fotos, ein sehr eigenwilliges und dabei stimmiges Mantra, tolle Modetipps!
Herzlichen Glückwunsch, liebe Xenia, zu diesem gelungenen Interview
am Dienstag, 20. Januar 2015 um 08:12 Uhr
Ich bin ja erst ganz neu bei euch (berlingarten) als Follower…hat sich wunderbar gelesen. Der grüne Mantel ist der Hammer. Ich hatte mir beim Studium mal ein ähnliches Teil genäht, allerdings in einem anderen Grünton. Als Farbtyp kann ich mich gar nicht einordnen. Mir stehen helle, apfelgrüne Farben und Türkistöne sehr gut, aber auch Petrol. Ach so ein Winter im Süden….das wäre was!
Toll, dass es euer Garten geschafft hat, zu überleben. Bei Annika/Grüner Himmel hat es ja nicht geklappt.
Dann freue ich mich auf den nächsten Beitrag auf eurem Blog,
LG Sigrun
am Dienstag, 20. Januar 2015 um 11:19 Uhr
am Dienstag, 20. Januar 2015 um 09:37 Uhr
Ein sehr schöner Stil, der ähnlich zu meinem Geschmack ist, Auffälliges mit Klassischem mixen. :-) Lustig finde ich, dass das Bild von 1987 auch von heute sein könnte: Die Schuhe, die Shorts, das Top - so sahen die Mädels auch im Sommer 2014 aus.
am Montag, 26. Januar 2015 um 08:42 Uhr
Hach, tolle Frauen hat das Land. Wow!
Danke für den Hinweis mit der Stewardessen Akne. Ja, ich komme inzwischen auch dahin, dass ich eher weniger Pflegeprodukte nehme.