Modische Infiltration. (Und um Culottes geht es außerdem.)
Manche Modetrends sickern in unseren Geschmack so langsam ein, dass wir gar nicht merken, wie sich unser „Um Gottes willen!“ über ein „Och?!“ zu einem „Ich brauch das auch!“ wandelt. Erst zieren wir uns noch und beschwören unsere Das-würde ich-ja-nie-im-Leben-tragen!-Prinzipien. Dann wird der Widerstand schwächer – bis er ganz zusammenbricht und wir im Schlussverkauf noch schnell das letzte Stück ergattern, um uns beim nächsten Mädelsabend darin bewundern zu lassen. Von Freundinnen mit ähnlich hehren Prinzipien. Kennen Sie? Kennen Sie!
Bestes Beispiel: die Culottes. Vulgo: der Hosenrock. Als ich 2014 die ersten wadenlangen Exemplare sichtete, konnte ich gar nicht fassen, dass die Modebranche offensichtlich gerade Burda-Schnittmuster aus den Achtzigern ausmottete. Gab es wirklich keinen anderen Trend, den man wiederbeleben konnte? Die Flapper Dresses der 20er? Den Courrèges-Stil der 60er? Mussten es ausgerechnet Hosenröcke sein, die sich nicht zwischen Fisch und Fleisch entscheiden können, höchstens für Fahrrad-Touren brauchbar sind und nur an langbeiniger Größe 34/36 überhaupt einigermaßen passabel aussehen?
Anfangs blieb das Phänomen allerdings nahezu unbemerkt: Die ersten Culottes tauchten in der VOGUE auf – aber wer trägt schon die Couture aus der VOGUE? Dann sah ich sie mit zunehmender Frequenz in Modeblogs, und irgendwann beim Stadtbummel an einer Freundin, die – immerhin! – ertappt errötete. Schließlich hatten wir erst kürzlich noch gemeinsam gelästert.
Und nun sind Culottes auch noch als der Modetrend für Herbst und Winter angesagt! Selbstverständlich bleibe ich standhaft. Die verwandte Marlene-Hose, die ich kürzlich erstanden habe, gilt ja nicht. Gerade ist sie ohnehin bei der Schneiderin zum Kürzen. Um eine Handbreit. Oder vielleicht auch drei.
(Die Kolumne erschien heute in der Print- und in der Online-Ausgabe der WELT KOMPAKT.)
5 Kommentare
am Freitag, 28. August 2015 um 20:35 Uhr
Ich habe auch etwas länger gebraucht, bis ich mich in Culottes sehen konnte. Und nun mag ich diese Hosenröcke recht gerne. Sie verkürzen auch nicht mehr das Bein, als ein etwas ausgestellter Rock in dieser Länge. :)
am Freitag, 28. August 2015 um 21:50 Uhr
Liebe Susanne, ich werde eine Culottes probieren und vielleicht sehe ich etwas reifer und weiblicher darin besser aus, als damals in diesen Hosenröcken. Ich teste auch nur eine Schwarze und mache keine Experimente! Aber verstehe Dich ganz und hoffe, Du zeigst auch mal Deine Marlene! Schönes Wochenende Evelin
am Montag, 31. August 2015 um 17:57 Uhr
Liebe Susanne,
ich habe Hosenröcke auch immer als eine Modesünde betrachtet, die zu Recht in der Versenkung verschwunden ist.
Nachdem die Culotte aber dermaßen “gehypt” werden und in vielen Blogs auftauchen, ertappe ich mich dabei, sie gar nicht mehr so hässlich, sondern sogar recht cool zu finden.
Bin ich noch zu retten? ... ;-))
Liebe Grüße aus Wien,
Nadine
am Mittwoch, 02. September 2015 um 23:08 Uhr
... und ich sage vor ein paar Wochen noch: “Es wäre ja an der Zeit, dass Hosenröcke wieder mal in Mode kommen.” Ich alte Trendaufspürerette, ich.
Herrje.
am Donnerstag, 03. September 2015 um 09:01 Uhr
HUHU,
ich kann diesem Trend nichts abgewinnen. Durch die Flut an Culottes Bildern gewöhnt man sich vielleicht daran, aber ich lasse sie brav hängen…
Bin gespannt, was als nächstes “ausgegraben” wird.
Gruß Sabine