Texterella auf Reisen.
Kleine Auszeit in der Schweiz: Lauterbrunnen, Grandhotel Bellevue des Alpes und mit der Bahn aufs Jungfraujoch.
Alles fing damit an, dass mein Vater als junger Mann Anfang der 1960er Jahre ein Praktikum bei einem Schweizer Zahnradbahnunternehmen machte. In ein Schweizer Meitli hat er sich nicht verliebt – sondern nach seiner Rückkehr in meine Mutter, Gott sei Dank! – dafür aber in fast alles andere, was dieses Land zu bieten hat: die Berge, die Schokolade, die Banken, die Wirtschaftskraft. Die Eisen- und Seilbahnen sowieso. Seine Schwärmereien von der Schweiz begleiteten meine Kindheit, und es kam, wie es kommen musste: Sie fielen auf keinen fruchtbaren Boden. Im Gegenteil. Ich wurde ein Meerkind, und liebte die Weite der Ozeane viel mehr als hohe Berge. Obwohl die für mich als gebürtige Rosenheimerin so viel näher waren.
Dennoch hat es mich kürzlich in die Schweiz gezogen. Als erste Auslandsreise nach Corona überhaupt, begleitete ich meine Eltern, denen ich diese Reise bereits Ende 2019 geschenkt hatte. Ganz nach oben sollte es gehen, aufs Jungfrauenjoch, um von 3.400 Meter Höhe aufs Land herunterzuschauen. Dort oben wollte ich dann in mich hineinspüren, ob neben dem Meerkind vielleicht auch eine kleine, unentdeckte Heidi verborgen ist.
Als wir in Lauterbrunnen ankamen – unserer Zwischenstation auf dem Weg zur Kleinen Scheidegg, wo unser Hotel auf 2.000 Meter Höhe lag – war das Wetter schlecht. Gelinde ausgedrückt. Doch trotz der Regenschauer verzauberte mich das pittoreske Dorf, das sich malerisch an die steilen Berghänge schmiegte, und an dessen Ortsende der Staudachfall an einer Felswand über 300 Meter hinunterdonnerte. Was für ein beeindruckendes Schauspiel!
Am nächsten Morgen erreichten wir mit der Wengeralpbahn das Hotel Bellevue des Alpes auf der Kleinen Scheidegg. Hier oben lachte sich der Wettergott wohl ins Fäustchen und beschloss, uns mit blauem Himmel nach weiter oben zu locken. Und schon saßen wir wieder in der Bahn, diesmal in der Jungfraubahn und hofften nur eins: Dass nach der 7 Kilometer langen Tunnelfahrt die Wolkenlücken am Berggipfel noch ein wenig größer geworden sein würden – für das eher hochpreisige Ticket sollte man diesen Service doch erwarten können? Oben angekommen sah ich die Bergspitzen tatsächlich hervorlugen … doch zunächst brauchte ich eine „Biopause“. Als ich fünf Minuten später zur Aussichtsgalerie zurückkam, streckte uns der Wettergott noch schnell die Zunge heraus, bevor die Wolkendecke sich wenig spektakulär, aber umso nachdrücklicher schloss. Tja, hier saßen wir also – im dicken Nebel. Und warteten. Zwei Stunden später fing es an zu schneien, vier Stunden später gaben wir die Hoffnung auf, fünf Stunden später landeten wir wieder im Hotel und trösteten uns mit Kuchen und Kaffee.
Ein Reinfall? Ja, leider! Und dennoch hat die Schweiz mein Herz gewonnen – was nicht nur an dem entzückenden Bellevue des Alpes lag – dem wohl höchstgelegenen Grandhotel weltweit. Seit mehr als 100 Jahren steht es da und ist tatsächlich ein wenig aus der Zeit gefallen. Die Zimmer sind bis ins Detail dem Anfang des 20. Jahrhunderts entsprungen: Mischbatterien am Waschbecken gibt es ebenso wenig wie Fernseher. Dafür kann man im Salon am offenen Kamin sitzen, in der Bar auf alten Ledersesseln einen Apéro trinken und beim – unfassbar leckeren, viergängigen – Abendessen (ist im Zimmerpreis inkludiert) Klaviermusik (live!) lauschen.
Und dann ist da natürlich noch der Blick – der Blick aus dem Zimmer in die Berge hinein, auf Gletscher, die legendäre Nordwand und hinunter ins Tal, dort wo hohe Nadelbäume die Baumgrenzen andeuten. Wer Lust aufs Wandern und Spazieren gehen hat, läuft vorbei an übervollen, bunten Blumenwiesen und glasklaren Bächen, und ja, dann fühlt man sich tatsächlich ein bisschen wie Heidi. Vielleicht fange ich nun an, mich nicht mehr nur nach dem Meer zu sehnen – sondern auch nach den Bergen? Zwei Herzen – die passen sehr wohl hinein in meine Brust. Und vielleicht klappt es mit dem Jungfrauenjoch ja beim nächsten Mal? Ich freue mich jetzt schon darauf.
Mein Vater, der Eisenbahnfan, ist auf jeden Fall auf seine Kosten gekommen. Wo sonst als in der Schweiz kann man bis auf einen hochalpinen Berggipfel hinauf mit dem Zug fahren?
Ist es auch dir schon einmal so ergangen, dass eine Reise im Grunde ein Reinfall war – aber trotzdem schön? Erzähl gerne davon! Ich bin gespannt.
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Liebe LeserInnen, ich habe zunächst gezögert, diesen eher launigen Schweiz-Beitrag zu veröffentlichen und habe überlegt, stattdessen etwas zur Flutkatastrophe im Westen Deutschlands zu schreiben. Doch welche Worte hätten meine Betroffenheit und mein Mitgefühl angemessen ausdrücken können? Was hätte ich schreiben können, was angesichts von Toten, Vermissten und Menschen, die alles verloren haben, nicht banal und unpassend gewirkt hätte? So habe ich mich dann doch für den Blogpost zur Schweiz entschieden – in der Hoffnung, dass er all jenen, die Sorgen haben (aus welchen Gründen auch immer), eine kleine Auszeit vom Kummer und ein Lächeln schenkt.
Wer den Menschen in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz helfen will, dem möchte ich die Webseite www.hochwasserhilfe-navi.de der Journalistin Elisabeth Koblitz ans Herz legen: Sie hat hier innerhalb kürzester Zeit viele Anlaufstellen und Hilfsmöglichkeiten zusammengestellt. Die Seite wird laufend aktualisiert. Danke, Elisabeth und alle, die sie unterstützen.
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Mein Buch über Mode, Stil und das Leben 50plus: Die beste Zeit für guten Stil. Fashion for women. Not girls. Der erste Stilguide ohne Stilregeln. Kein Ratgeber – ein Mutmacher! Ist übrigens auch ein hübsches Geschenk!
Ein Exemplar mit persönlicher Widmung kannst du direkt bei mir bestellen.
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Auf Texterella dreht sich alles um Frauen ab 45/50 - um Frauen in ihren besten Jahren! Meine Themen sind Mode, Kosmetik und Hautpflege, Reisen und Kultur, gutes Essen, kurz: Inspiration für ein schönes, erfülltes und zufriedenes Leben! Vielleicht magst du mein Blog abonnieren, dann verpasst du keinen Beitrag mehr! Geht ganz schnell: Mail-Adresse eintragen, absenden und – ganz wichtig!! – den Link in der Bestätigungsmail, die dir im Anschluss zugestellt wird, anklicken. Manchmal versteckt sich diese Mail im Spamfilter. Aber ohne Verifizierung, keine Texterella-Mail! :-) Dass ich mit deiner Adresse keinen Unfug betreibe, du dich auch jederzeit wieder abmelden kannst und dass dieser Service natürlich absolut kostenlos ist, muss ich sicher nicht extra dazusagen. Ich freue mich auf dich!
8 Kommentare
am Sonntag, 18. Juli 2021 um 11:13 Uhr
Oh wie schön! In Lauterbrunnen waren wir zu Pfingsten auch gerade. Das sind schöne Erinnerungen.
am Sonntag, 18. Juli 2021 um 13:50 Uhr
Liebe Susi,
ich finde deine einfühlsamen Worte am Ende des Textes sehr schön. Gleichsam finde ich es in Ordnung, diesen Beitrag zu veröffentlichen.
Mir geht es wie dir: Ich bin durch und durch ein Meerfan. Aber so ganz langsam schleicht sich auch eine Liebe zu Bergen dazu. Das zeigt aber doch nur, dass wir ein offenes Herz besitzen ;).
Nach Reinfall klingt die Reise nicht, denn du möchtest wiederkommen, die Bilder sind schön und dein Gesicht voller Energie und Lebensfreude am Anfang spricht eine andere, deutliche Sprache. Und das ist schön…
Liebe Grüße
Nicole
am Sonntag, 18. Juli 2021 um 16:26 Uhr
Auch wenn Eure gemeinsame Reise nun anders war, als Du es Dir gedacht hattest, so war sie doch Eure gemeinsame Reise. Und wie Du schreibst und die Fotos zeigen, hat sie Euch viel gegeben. Auf jeden Fall war es eine Art Abenteuer, wenn ich sehe wie nah die wilden Berge waren und kein milder Sonnenschein sie verbrämte. Sehr urgewaltig.
Dann noch das Hotel, so wie stehengeblieben in einer vermeintlich besseren Zeit. Ein Erlebnis.
Auch ich hatte schon Reisen, die ganz anders waren als meine Erwartungen oder Hoffnungen in sie. Nicht immer hatte ich gleich einen Erkenntnisgewinn, aber ich hatte eine Reise. Nach den Corona-Monaten kommt mir das nun gar nicht mehr selbstverständlich vor und ist für mich im Nachhinein dadurch noch viel wertvoller.
So schön, dass Du Deinen Eltern diese Reise geschenkt und sie mit ihnen gemacht hast.
Und dass Du auch an die Opfer der Hochwasser-Katastrophe denkst.
Herzliche Grüße von Sieglinde
am Sonntag, 18. Juli 2021 um 16:46 Uhr
Kann es sein, dass sich da jemand wenig Gedanken macht über ihren ökologischen ???
Reisen… reisen… Konsum….Konsum und nochmal Konsum.
Dann gehts wieder ums Reisen.
Kein sehr nachhaltiger Lebensstil, nicht wahr?
am Sonntag, 18. Juli 2021 um 16:56 Uhr
am Sonntag, 18. Juli 2021 um 19:38 Uhr
Hallo Texterella,
ich liebe die Schweiz sehr: Land,Leute,Sprache und Essen…. und ich war schon sehr lange nicht mehr dort. Deshalb habe ich diesen Beitrag und die Bilder sehr genossen, danke dafür!
Ganz besonders hat mir die Anmerkung am Schluß gefallen. Es ist wirklich eine Katastrophe und Vieles was uns sonst erfreut ist plötzlich nicht mehr wichtig. Deshalb habe ich über die BloggerInnen gestaunt,die nach der Betroffenheit, dann doch noch ihr Schnäppchen-Kleid vorführen mussten… Die verschobene Reise mit den Eltern endlich zu machen und darüber zu berichten, finde ich gerade jetzt genau richtig!!! Lehrt uns das Leben nicht gerade, was wirklich wichtig ist ? LIEBEN und
LEBEN und “nichts auf die lange Bank schieben” ! Einen guten Start in die neue Woche wünscht Marie
am Sonntag, 18. Juli 2021 um 20:15 Uhr
Wunderschöne Fotos und auch solche Reisen hinterlassen unbezahlbare Eindrücke. Schade dass euch das Wetter einen Streich gespielt hat. Ich habe Deine Fotos aber sehr genossen.
Ich freue mich dass Du den Post verfasst und veröffentlicht hast und über Deine einfühlsamen Worte am Schluss.
Ganz liebe Grüße Tina
am Dienstag, 20. Juli 2021 um 01:00 Uhr
Liebe Susi
Als Schweizerin freue ich mich sehr über deinen Reisebericht.
So schade, dass das Wetter nicht mitgespielt hat.
Ich hatte mir, als ich auf Instagram von deiner Reise las, schon etwas Sorgen gemacht aufgrund der angekündigten heftigen Niederschläge.
Die können in den Bergen schnell gefährlich werden.
Ausser leider verpasster Aus- und Bergsicht ist dann zum Glück nichts passiert.
Überschwemmungen hatten und haben wir zurzeit in der Schweiz auch, die Seen laufen über.
Zum Glück nicht vergleichbar mit dem Schrecklichen, das in Deutschland passiert ist.
Wir hatten im übrigen auch mal ähnliches Wetterpech. Eine eigentlich wunderschöne Fahrt mit dem Berninaexpress fand leider komplett bei Nebel und Regen statt. Von Aussicht war nicht viel zu sehen. Wir waren aber mit Freunden unterwegs und die Bahnfahrt ist an sich schon ein Erlebnis und so war es trotzdem schön.
https://www.rhb.ch/de/panoramazuege/bernina-express#highlights
Und nun, psst…. kleine Korrektur: Das Joch heisst Jungfraujoch, nicht Jungfrauenjoch ;)
Herzliche Grüsse aus der Schweiz
Eva