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Frauen ab 50: Das Montagsinterview mit Monika Heimann-Schmitz.

"Ich verstehe doch gar nichts von Kosmetik!" oder "Mode? Da kann ich gar nix zu sagen!" oder "Ich? Bei dir im Interview? Aber da gibt es doch so viele Frauen, die mehr Ahnung haben!" Wie oft musste ich solche Sätze in den letzten 15 Monaten hören! Als müsste man von Mode und Schönheit was verstehen, um eine Meinung zu haben! :-)

Aber diesmal war alles anders. Denn heute habe ich eine richtige Beauty-Expertin im Interview! Monika Heimann-Schmitz hat fast 40 Jahre Erfahrung in der knallharten Beauty- und Kosmetikbranche. Ob Estée Lauder, Christian Dior, Shiseido - Monika kennt sie alle, hat sie beraten und begleitet. Seit 1989 ist selbstständig und führt ihre eigene PR-Agentur. Mit Kunden, die auch in meinem Badezimmerschrank stehen: Korres, L'Occitane, Melvita, KOH - hach, man könnte neidisch werden! (Wird da vielleicht mal eine Texterin gebraucht? ;-))

Aber weil der schöne Schein halt doch nicht alles ist, hat Monika noch eine zweite berufliche Leidenschaft - zu der sie aber auch erst vor einigen Jahren gefunden hat: Als Transformations-Coach begleitet und berät sie Menschen in wichtigen Lebensfragen und entscheidenden Lebenssituationen.

Und noch eine Sache liegt Monika sehr am Herzen: Tiere. Nicht nur, dass sie selbst mit vier Katzen und fünf Hunden quasi einen kleinen "Privatzoo" hält - statt Golfen und Tennis, wie man es im Kontext von Luxus-PR vielleicht erwarten würde, kümmert sie sich in ihre Freizeit um den Tierschutz und hat vor einigen Jahren den Tierschutzverein Lesbos gegründet.

Und heute ist Monika Heimann-Schmitz hier, samt ihrer gesamten Beauty- und Luxus-Expertise. Und ihrer Lebenserfahrung. Auf ihre Antworten war ich wirklich besonders gespannt!

Monika Heimann-Schmitz, 59. (Foto: Selina Pfrüner)

Wie würdest du deine Einstellung zu Mode bezeichnen oder beschreiben? Hat sie sich im Laufe deines Lebens verändert? Ich war als kleines Mädchen ein "Modepüppchen" und wusste – sehr zur Verzweiflung meiner Mutter – schon mit 4 Jahren, was ich nicht anziehen wollte! Außerdem zog ich mich im zarten Alter von 7 oder 8 Jahren mindestens dreimal am Tag um und ließ ich meine Klamotten einfach im Zimmer liegen, was meine Mutter damit quittierte, dass sie alles, was ich rumliegen ließ, unter die Bettdecke beförderte und ich vor dem Zubettgehen aufräumen durfte. Ein probates Mittel: Mit dieser "Dressur" hat sie mich zu einem "sehr ordentlichen" Mädchen erzogen und quasi die Grundlage für mein Organisationstalent und meine Struktur gelegt. In der Pubertät trug ich ganz im Stil der 68-er dann vornehmlich Jeans, Boots und selbstgebatikte T-Shirts oder auch gern selbstgestrickte Pullover, dazu lange Haare und natürlich auch den obligatorischen Parka.

Mit dem Job in der Kosmetikbranche kam dann schnell der Zugzwang, fast das gesamte Monatsgehalt wurde in den Kleiderschrank investiert, was sich regelmäßig zum Monatsende als kleine Katastrophe entpuppte.

Mit steigendem Einkommen stiegen auch die Ansprüche und die jeweils angesagten Designermarken (Favoriten waren Armani und Issey Miyake) füllten die Schränke. Die Schrankmeter wurden von Umzug zu Umzug länger und so manches edle Teil wurde in einem Anfall von Frust gekauft und dann doch nie getragen. Mein Second-Hand-Laden in der Nachbarschaft freute sich über die gut erhaltenen Teile, die ich dort regelmässig ablieferte.

Farrah Fawcett läßt grüßen: Urlaubsentspannung (1986).

Mit den Jahren habe ich gelernt, dass das Äußere nicht alles ist und die Menge nicht wichtig. Absolut wichtig ist allerdings die Qualität, die sich immer durchsetzt gegen Massenware und kurzlebige Trends. Und: Cashmere, Cashmere, Cashmere (also wirklich Cashmere, nicht diese Pseudo-Woll-Mischungen) - begleitet mich immer und überall, sogar im Sommer an kühlen Abenden auf "meiner" griechischen Insel Lesbos.

Heute liebe ich es, in Jeans und Pulli am Schreibtisch zu sitzen und diesen Look kurz vor einem Geschäftstermin mal eben schnell mit dem Job-Outfit zu tauschen. Es hat schon Vorteile, die Firma im Hause zu haben und den Kleiderschrank in Reichweite …

Welche Stilrichtung bevorzugst du? Wie hat sich dein Geschmack im Laufe deines Lebens verändert – und warum?

Ich war nie der "Kleidchentyp", obwohl ich bis Mitte/Ende 40 zwischen Kleidergröße 34 und 36 pendelte und alles tragen konnte. Seit Jahren trage ich fast ausschließlich Hosen in allen Facetten und alle immer mal wieder neu angeschafften Kleider setzen sich einfach nicht durch.

Da ich im Job immer mehr im Tun als im Sein war, überwogen edle Hosenanzüge aus feinen Stoffen und Outfits mit wenig Schnickschnack. Rüschenblusen und Glitzer kann ich bis heute nur bei anderen Frauen etwas abgewinnen, würde ich selbst jedoch nie tragen.

Ich liebe es praktisch, pur bis elegant, dabei inzwischen bitte immer bequem. Seit ich Hunde habe, trage ich fast ausschließlich flache Schuhe (nachdem mich meine zwei Bobtails mal aus den High-Heels gerissen haben und ich auf der Nase lag) und habe eine extra Garderobe nebst eigenem Schuhregal für die Hundespaziergänge.

Und noch etwas: Ich bevorzuge es, nicht mehr als drei Farben gleichzeitig zu tragen, das hat mir mal eine feine ältere Dame in meiner Jugend ans Herz gelegt, die ich sehr bewunderte, und es gefällt mir seitdem, weil es eine gewisse Ruhe und Harmonie im Aussen ermöglicht, die sich aufs Innere überträgt.

Hattest du modische Vorbilder? Personen oder Persönlichkeiten, die deinen Stil geprägt haben – oder eine modische Ära?

Na ja, Audrey Hepburn, Grace Kelly und Jackie Kennedy waren schon toll und Ende der 1970er war der Look von Twiggy schwer angesagt, zumal ich die Figur dafür hatte. Später hat mir dann Catherine Deneuve mit ihrer Eleganz gut gefallen.

Bei Mulberry (1989).

Ich habe Keil- und Blockabsätze, Schlaghosen, extrem enge Jeans, Mini, Midi, Maxi und Leggins in allen Variationen getragen. Es ist ja (fast) alles schon mehrmals dagewesen und heute kann ich sagen: "Kenn' ich, hatte ich schon, brauch ich nicht mehr …" Das ist ein supergutes, entspanntes Gefühl.

Hast oder hattest du ein Lieblingskleidungsstück? Wenn ja, welches? Und warum?

Ich hatte viele Lieblinge, immer imm zwei bis drei parallel, aber wenige davon hat bis heute überlebt, was nicht zuletzt daran lag, dass ich mit dem Beginn der Wechseljahre mal fix 15 kg zugenommen habe und aus meiner Garderobe quasi 'rausgewachsen bin. Seit der damit verbundenen recht kostspieligen Neuausstattung meines Kleiderschranks sammle ich nicht mehr wirklich, ich kann jetzt gut loslassen und sortiere einmal pro Jahr aus, was nicht mehr getragen wurde. Das schafft Platz für Neues und befreit von alten Mustern.

Im Büro in Issey Miyake (2002).

Was ich jedoch über die Jahre bewahrt habe, sind einige Outfits von Issey Miyake, für den ich mal drei Jahre gearbeitet und den ich sehr verehrt habe. Sie sind zeitlos und haben den Vorteil, dass sie problemlos ein paar Kilo mehr retuschieren und im Schrank bzw. Koffer kaum Platz einnehmen.

Ein Teil habe ich noch, das mich auf fast allen Reisen begleitet: Ein riesiges Cashmere-Tuch in der Größe einer Pferdedecke. Es ist in Cremetönen zart gemustert und ich habe es vor Jahren für einen horrenden Preis auf Sylt erstanden. Seitdem hat es immer gute Dienste geleistet, ob als Decke auf Langstreckenflügen, an lauen Abenden auf der Terrasse, in unterkühlten Konferenzräumen und Meetings oder als zusätzlicher Wärmespender über Jacken und Mänteln.

Wie hat sich deine Einstellung zu Schönheit und Aussehen in den letzten Jahren verändert? Inwieweit hat das Älterwerden damit zu tun?

Ich habe mich immer wohlgefühlt in meinem Körper, selbst nach der Gewichtszunahme und mit der gestiegenen Konfektionsgröße, gehadert habe ich nie mit mir und meinem Äußeren. Allerdings habe ich auch seit meinem 14. Lebensjahr regelmäßig neben Makeup schon pflegende Kosmetik benutzt, was sich heute doch freundlich bemerkbar macht. Ich mag’s gepflegt, gehe so gut wie nie ohne Makeup raus (allenfalls mal zum Mülleimer) und mache das, weil es MIR gefällt, nicht, um anderen zu gefallen. Ich sehe heute Vieles entspannter, das Konkurrenzdenken früherer Jahre – insbesondere aus der Zeit des Zickenkriegs in der Kosmetikbranche – ist weit entfernt und einer wohltuenden Gelassenheit gewichen. Heute netzwerke ich gerne mit Frauen, die auf der gleichen Wellenlänge sind.

Armut und Reichtum sind vielleicht nicht immer gerecht verteilt, aber älter werden wir alle und das beruhigt doch.

Zur Kosmetik: Bist du eher der Wasser-und-Seife-Typ oder glaubst du an die Möglichkeiten moderner Produkte?

Nachdem ich den größten Teil meines Berufslebens in einer Branche verbracht habe, in der sich nahezu alles um Äußerlichkeiten dreht und Träume in Tiegeln verkauft werden, kann ich heute mit sehr bewusst sagen: Das Geheimnis der wirklichen Schönheit ist die richtige Mischung aus innerer Zufriedenheit, einer harmonischen Lebensführung, guter (nicht unbedingt teurer) Kosmetik sowie ein wenig Konsequenz (die abendliche Reinigung NIE vergessen!).

Beim Prix de Beauté (1998).

Mir ist eine Kosmetik wichtig, die nicht auf Teufel komm raus vermarktet wird und mit der Angst der Frauen vor dem Älterwerden Geschäfte macht, sondern die noch eine Seele" hat und Werte vermitteln kann. Da gibt es ja Gott sei Dank noch einige Marken, die in diesem Sinne Zukunft haben.

Du bist auf Reisen und hast deine Waschbeutel vergessen. Welche drei (Kosmetik-)Produkte kaufst du sofort?

Drei ist schon echt wenig, da bietet sich von Korres die Milk Proteins 3 in 1 Reinigung an, damit kann ich zur Not auch duschen. Zahncreme (auch von Korres) und Zahnbürste gilt dann mal als eins, und eine hochwertige Pflegecreme für Gesicht, Hals und Hände, gerne Apicosma Leichte Pflegecreme von Melvita.

Hast du ein Schönheitsgeheimnis?

Wie schon gesagt, Reinigung ist aller Schönheit Anfang. Morgens und abends, egal, was passiert, egal, wo ich bin und wie es mir geht. Wobei ich abends die klassisch-asiatische 2-Phasen-Reinigung liebe: Makeup entfernen mit einem Gelprodukt und sanfte Nachreinigung mit einem Schaum. Außerdem begrüße ich morgens den Tag und freue mich auf alles Neue, was auf mich zukommt und danke abends für alle Erfahrungen, die ich machen durfte.

Gibt es ein Mantra, das dich durch dein Leben begleitet?

Seit meiner zehn Jahre in Köln gilt:

Et kütt wie et kütt (es kommt wie es kommt)
Et is wie et is (es ist wie es ist)
et es noch immer jut gejange (es ist noch immer gut gegangen)
et küt immer wat besseres nach (und es kommt immer etwas Besseres nach)

Seit meiner Coaching-Ausbildung kann ich noch hinzufügen:

"Annehmen, was ist" (denn es ist ja schon da!) ist der Schlüssel zur Freiheit.

***

Vielen Dank, liebe Monika, für die spannenden Antworten! Und das "Kölner Mantra" muss ja wirklich in sich haben, denn du bist bereits die dritte, die es hier zitiert! Wobei: Es steckt - auch für mich - sehr viel Wahres darin! :-)

***
Mehr spannende Interview mit spannenden Frauen jenseits der 40 gibt es übrigens hier: Click and enjoy!

5 Kommentare

Jette
am Montag, 13. Januar 2014 um 12:03 Uhr

Du kennst so tolle Frauen! Ich freue mich schon auf die Feier, die du irgendwann mal fur alle Frauen von den Interviews halten wirst ... ;-)

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Michaela Pelz
am Montag, 13. Januar 2014 um 13:09 Uhr

Bemerkenswert, sehr bemerkenswert!

Und wenn DAS dabei herauskommt, wenn man sich als Kind drei- bis fünfmal täglich umzieht, dann sehe ich für meine Tochter eine steile Karriere voraus! ;-))
Danke für diesen Einblick!

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Dolly
am Montag, 13. Januar 2014 um 20:08 Uhr

Mit Interesse gelesen. Herzlichen Dank! Ja, ja die Reinigung…

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Farbenfreundin
am Dienstag, 14. Januar 2014 um 08:18 Uhr

...was ein cooles Mantra!
Ausdrucken, aufhängen, auswendig lernen.
Es küt wie es küt.
Bravo!

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Jutta
am Dienstag, 14. Januar 2014 um 13:26 Uhr

Schön zu lesen, dass auch eine Modeexpertin das Phänomen des Frustkaufs (und der dann doch nie getragenen Klamotten) kennt.

Hach, ich möchte auch mal morgens den Tag begrüßen. ;-) Und das Mantra häng ich mir jetzt gleich übern Schreibtisch. So.

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