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Frauen ab 40: Das Montagsinterview mit Dr. Christine Finke.

Auf das Interview mit Christine Finke habe ich mich besonders gefreut. Dabei hätte ich mich fast nicht getraut, sie zu fragen – so banal erschien mir texterella im Vergleich zu ihren Themen, die sich um Gleichberechtigung, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und mehr Gerechtigkeit für Alleinerziehende ranken. Und doch hat Christine zugesagt, zu meiner Freude.

"Mein Leben war immer für eine Überraschung gut, selbst für mich" sagt Christine. Und bewegt war es auch, ist es noch, ihr Leben. Geboren in Hamburg, aufgewachsen in Freiburg, Anglistik, Romanistik und Phonetik studiert in Freiburg und Canterbury, promoviert in Berlin. Dann Lübeck, Hamburg, Konstanz. Mir wird da schon beim Lesen schwindelig! Statt Habilitation und wissenschaftlicher Karriere wählte sie nach der Promotion den Journalismus und pendelte etliche Jahre in die Schweiz. "Dazwischen" bekam sie noch drei Kinder ... Vor fünf Jahren dann die Trennung von ihrem Mann, was sie zur alleinerziehenden Mutter von drei Kindern machte.

Über ihr nicht immer einfaches Leben als Alleinerziehende bloggt sie auf mama-arbeitet.de – ein Blog, das mich sehr beeindruckt. (Unter anderem besonders dieser Artikel: Was Armut mit dir macht. Oder auch dieser "Alte Mutter. Oder junge Frau." LESEN!)

Dr. Christine Finke, Konstanz.

Christine Finke, 48.

Neben der Bloggerei arbeitet sie nach wie vor als Journalistin sowie als Kinderbuchtexterin und als Social-Media-Redakteurin. Achja, und Stadträtin in Konstanz ist Christine Finke auch. Finde ich super! Christine spricht übrigens zehn Sprachen. Unglaublich! Und jetzt spricht sie hier über Mode und Schönheit! Aber keine Sorge: nur in einer Sprache! :-) Lies selbst!

Wie würdest du deine Einstellung zu Mode bezeichnen oder beschreiben? Hat sie sich im Laufe deines Lebens verändert?

Ich wurde definitiv immer mutiger. Vom angepassten Mäuschen im Teenie-Alter (ich trug nur, was alle trugen) bis hin zur Frau mit eigenem Stil. Es war ein ständiges Ausprobieren, immer verbunden mit der Frage, wie ich mich sehe und wie ich wirken will. Ab dem Alter von etwa 30 wurde Mode für mich etwas lustvolles, spielerisches, das die Welt ein bisschen bunter macht.

Christine Linke im bunten Kleid (2012)

"Im Laufe des Lebens wurde ich modisch immer mutiger!" (2012)

Welche Stilrichtung bevorzugst du? Wie hat sich dein Geschmack im Laufe deines Lebens verändert – und warum?

Wahrscheinlich bin ich der klassische Typ. Aber eben mit Hinguckern garniert. So habe ich schon als Teenie, bei aller Angepasstheit, als einzige in meiner Jahrgangsstufe (und wir waren 100 Kinder!) nur einen Ohrring getragen, anstatt zweien. Und der war dann immer ein modisches Statement: groß, auffallend, witzig oder ausgefallen. Heute sind meine Ohrringe übrigens winzig kleine silberne oder goldene Stecker.

Christine Finke, Oberstufe mit einem Ohrring

Klassenfahrt mit Perlmutt-Ohrring und Lederband um den Hals. (1985)

Grundsätzlich mochte ich immer schon Hosen und Kleider mit Blumenmustern und großem buntem Print, das zieht sich durch mein ganzes Leben. Eine sehr lange Zeit hindurch hatte ich eine ausgesprochene Blauphase: ich trug von oben bis unten dunkelblau, von den Schuhen, Strümpfen bis zur Mütze, alles. Das war zu der Zeit, als ich in Berlin lebte, in den 90ern. Damit bin ich dort total aufgefallen, was gar nicht meine Absicht war. Aber die Berliner kleideten sich viel wilder. Unifarben lief dort eigenlich keiner herum. :-) Zwischen 30 und 40 trug ich häufig und gerne Hosenanzüge und auch oft edle Kleidungsstücke von Boss, Dolce & Gabbana, Armani, etc. – das fand ich beruflich passend, sowohl als Ehefrau eines Selbstständigen als auch für den Job in der Schweiz.

Christine Finke: Businessfrau im Hosenanzug

Business-Look! (2000)

Heute ist mir wichtiger denn je, dass die Mode, die ich trage, bequem ist. Ich trage deswegen fast nur noch Kleider und Röcke. Am liebsten aus Stretch oder Strick. Und ich mag keine 08/15 Klamotten mehr. Was ich kaufe, muss etwas Besonderes haben. Da habe ich mich also um 180 Grad gedreht. Ich habe keine Angst mehr, aufzufallen. Das passiert sowieso.

Hattest du modische Vorbilder? Personen oder Persönlichkeiten, die deinen Stil geprägt haben – oder eine modische Ära?

Ich habe eine Schwäche für die 50er und Grace Kelly & Co. Aber die "Butches" (männlich gekleidete Frauen) aus den 30ern in Paris und Berlin gefielen und gefallen mir auch. In den 80ern war Madonna das große Vorbild.

2005 in Genua

Flanierend in Genua. (2005)

Hast oder hattest du ein Lieblingskleidungsstück?

Es gab 1985 einen grünen Rock, den habe ich sehr geliebt. Ich hatte ihn in Genf bei Hennes & Mauritz gekauft, lange bevor es H & M in Deutschland gab. Er war ganz leicht und seidig, schimmerte toll, und ich fühlte mich darin, als sei alles möglich. Das muss ein guter Rock können. Das Gleiche gilt für ein buntes Kleid, das ich 2005 in Genua trug – sehr weich, leicht, und ein tolles Muster. Ich besitze es noch immer, obwohl es mittlerweile ziemlich oft gewaschen und abgewetzt ist.

Brautkleid aus Papier

Brautkleid aus Papier. (2000)

Und mein Brautkleid aus Papier, ja, du liest richtig, es war aus dem gleichen Material wie feste Papiertischdecken und mir von einer Lübecker Schneiderin auf den hochschwangeren Leib geschneidert. Mit Schleife am Rücken, um Spielraum für die Zeit zwischen Fertigstellung des Hochzeitskleids und Termin zu haben. Ich habe das Kleid immer noch im Keller, das ist ein tolles Stück!

Wie hat sich deine Einstellung zu Schönheit und Aussehen in den letzten Jahren verändert? Inwieweit hat das Älterwerden damit zu tun?

Ich bin gnädiger geworden, mit mir und mit anderen. Früher habe ich leichter geurteilt. Christine Finke 1991

Wunderschön – und wie aus einem Film noir! (1991)

Schönheit ist eine Frage des Stils und der Geisteshaltung, finde ich. Das war schon immer meine Überzeugung, seit ich denken kann.

Zur Kosmetik: Bist du eher der Wasser-und-Seife-Typ oder glaubst du an die Möglichkeiten moderner Produkte?

Wasser und gelegentlich ein Waschpeeling, danach eine schlichte Creme, mehr nicht. Das ist bei mir auch eine Geldfrage, wir müssen mit sehr wenig klarkommen. Ich denke schon, dass es eine Menge gute Kosmetika gibt, das merke ich ja, wenn ich mal Pröbchen aus Zeitschriften ausprobiere (neulich ein "Revitalising Face Oil", das war sehr gut).

Du bist auf Reisen und hast deine Waschbeutel vergessen. Zahnpasta und Seife gibt es im Hotel. Auf welche drei Kosmetikprodukte kannst du keinesfalls verzichten und kaufst sie sofort ein?

Als erstes würde ich Nivea Creme kaufen, die klassische in der Dose. Die brauche ich dringend für meine Hände und zum Abschminken abends. (Moment, habe ich auch meinen Mascara und meinen Lippenstift vergessen? Falls ja, dann wären das die nächsten beiden Produkte.) Zweitens eine Gesichtscreme, ich kaufe meist Diadermine Lift Intense Nachtcreme, die nehme ich aber für tagsüber. Und schließlich Shampoo.

Christine Finke mit bunter Hose (2005)

Auf Reisen! (2005)

Wenn du dir ein (noch nicht existierendes) Produkt von der Kosmetikbranche wünschen dürftest: Welches wäre das?

Oh, da wünsche ich mir eine Haarpackung, die einfach durch Reinwaschen prächtige Locken zaubert. Und natürlich müsste es auch das „Gegenmittel“ geben, also eine Haarpackung, die das wieder rückgängig macht.

Hast du ein Schönheitsgeheimnis?

Das klingt jetzt so bieder – aber es ist Schlaf. Ich bin ein Schlafmonster. Wenn ich 9 bis 10, besser noch 11 Stunden schlafe, dann sehe ich aus, als sei ich in einen Jungbrunnen gefallen. Und fühle mich auch so.

Christine Linke mit Lackstiefeln (2003)

Mit Lackstiefeln und Glitzertop. (2003)

Zusätzlich macht mich Schwimmen schön, aber ich schaffe es viel zu selten, meine Bahnen zu ziehen. Und in der Sonne sitzen und lesen. Das ist ganz wichtig. :)

Was würdest du in Sachen Schönheit gerne mal ausprobieren?

Eine Zeitlang habe ich über ganz kurze Haare nachgedacht, das dann aber wieder verworfen. Kürzlich gefiel mir eine tolle dunkelblaue Coloration, das würde mich schon reizen – vielleicht mache ich das? Und dann würde ich gerne mal in ein Hamman gehen, so etwas haben wir hier in Konstanz aber nicht. Ich habe gelesen, dass es wunderbar sein soll und man schön und entspannt dort herauskommt.

Christine Finke mag Blümchen (2013)

Große Musterliebe. (2013)

Gibt es ein Mantra, das dich durch dein Leben begleitet?

„Dann ist das halt jetzt so.“ (Kombiniert mit „Mal gucken, was ich mit der neuen Sachlage machen kann.“)

Danke, liebe Christine, für deine spannenden Antworten – und dein ehrliches Blog! Die Lockenhaarpackung hätte ich übrigens auch gerne! Und wenn du mal in München bist, gehen wir ins Hamam! Ich kenne da nämlich eines. :-)

***

Mehr spannende Interviews mit spannenden Frauen jenseits der 40 gibt es übrigens hinter diesem Klick.

8 Kommentare

Katarina
am Montag, 26. Januar 2015 um 10:50 Uhr

Tolle Frau! Tolles Interview! Danke an euch beide!

Auf diesen Kommentar antworten

Annette
am Montag, 26. Januar 2015 um 11:14 Uhr

Eine tolle Frau, puh, so viel Power!!
Kinder, viele Jobs und Beschäftigungen, Zeit, 10 Sprachen zu lernen, ich bin wirklich sehr beeindruckt.

Immer mutiger werden kenne ich und finde ich gut. Übrigens endlich mal jemand, die Kleider auch so bequem findet wie ich :-)

LG
Annette | Lady of Style

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ehrlichgesagt
am Montag, 26. Januar 2015 um 11:55 Uhr

Wow, ich bin beeindruckt! Noch eine spannende Facette an dieser Frau, die mir zeigt, wie viel Freude es machen kann, die eigene Persönlichkeit durch Mode zu unterstreichen. Ich werde mir daran ein Vorbild nehmen! Vielen Dank für dieses schöne Interview!

Nora

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Carola Fuchs
am Montag, 26. Januar 2015 um 16:07 Uhr

Wie interessant!
Frau ist doch auch immer ein bisschen neugierig, was für ein Mensch hinter so geistreichen und humorvollen Texten steckt. Daher ist der Einblick in die modische Vita von Christine Finke sehr erhellend.
Und auch in Lifestyle-Fragen trifft sie ins Schwarze: klassisch mit unikaten Hinguckern passt hervorragend zu ihr.

Liebe Grüße, Carola

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AndreaH
am Montag, 26. Januar 2015 um 18:54 Uhr

Hut ab vor der tollen Frau, danke für das Interview und die Blogempfehlung, Habe den Armuts-Post gelesen und mir hat es die Kehle zugeschnürt. Ich wusste nicht, wie das ist, auch wenn ich nicht in Reichtum aufgewachsen bin.

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dasnuf
am Dienstag, 27. Januar 2015 um 10:02 Uhr

Sehr gerne gelesen!

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RYAN
am Mittwoch, 14. Dezember 2016 um 23:39 Uhr
Wolfgang Achterkamp
am Donnerstag, 15. Dezember 2016 um 13:05 Uhr

hallöchen Frau Finke,
Bin selbst keine Frau , aber Ihr Kampf ist einfach Bewundernswert ! Das den Männern endlich mal gezeigt wird, wo`s lang geht sollte schon längst auf der Agenda der Politik stehen.
Wie Sie selbst sagen: Kinder sind unsere Zukunft.
Ich brauche Ihnen wohl nichts zu erzählen weil Sie wissen ja wo es lang geht.

Das die Männer alles versuchen damit sie sich drücken können, finde ich unter aller S… und Verantwortungslos den Kindern gegenüber und der Gesellschaft.

Was halten Sie davon Frau Linke , wenn Sie über die Daten bei den Krankenkassen Wohnsitz und Verdienst erfragen. Ebenso bei den Rententrägern.
Dort sind sicherlich der Verdienst bekannt aus dem sich die Beiträge errechnen !

Meiner Meinung nach ist es doch wohl nicht so schwer, den säumigen Erzeuger aufzutreiben!
Anschreiben, Forderung nennen und wenn nichts kommt, Pfändungsbeschluß beim Arbeitgeber.
Sie glauben garnicht wie schnell die Kerle inne Puschen kommen damit sie nicht auffallen haha

Sehr geehrte Frau Finke, Sie kennen sich garantiert aus in Ihrem Vorhaben. Da bin ich mir sicher wie das Amen inne Kirche. Machen Sie mal richtig Rabatz in der Öffentlichkeit und zeigen, das Frauen grantiert nicht dummer als Männer sind.

Eher im Gegenteil: Sie sind wertvoller weil sie die Kinder bekommen. Sie müßen respektvoller und ehrlicher behandelt werden!

Dazu wünsche ich Ihnen sehr viel viel Erfolg weil ER—FOLGT!!!
Viel Kraft für den ,,Kampf” und Gottes Segen

lieben Gruß

 

 

 

 

 

 

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