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Frauen ab 40: Das Montagsinterview mit Dr. Petra Busch.

Als ich Petra Buschs Lebenslauf las, fiel mir als erstes der Begriff "Universalgelehrte" ein: Sie hat Mathematik, Informatik, Musikwissenschaften und Germanistik studiert, auch alles abgeschlossen und in Mediävistik promoviert. Wahnsinn.

Ihr berufliches Herz gehört der Sprache: Sei es als Texterin und Fachfrau für Unternehmenskommunikation mit Schwerpunkt IT, Software, Wohnen und Einrichten, Ökologie und Tierschutz, oder als Kriminalschriftstellerin mit mittlerweile drei veröffentlichten Thrillern. Ihr Debüt wurde mit dem renommierten Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet. Ich habe übrigens alle drei gelesen und kann ohne Übertreibung sagen, dass sie zu den besten Krimis gehören, die ich kenne. Der vierte ist gerade in Arbeit - ich bin sehr gespannt!

Ihr privates Herz gehört den Tieren und ihrem Schutz, für sie setzt sich Petra nach Feierabend ein. Ich bin sehr froh, dass es Menschen wie Petra gibt, die sich hier mit so viel Liebe und Herzblut engagieren. Ja, ich denke wirklich: Sie macht die Welt ein Stückchen besser.

Natürlich spielen Tier- und Umweltschutz auch bei diesem Interview eine Rolle, denn beides prägt Petras Haltung zu Mode und Kosmetik. Und mittlerweile auch meine, denn viele Impulse, was tierversuchsfreie Kosmetik, Leder, Felle und Pelze angeht, kamen und kommen von Petra ...

Texterin, Beraterin, Krimiautorin: Dr. Petra Busch (46).

Wie würdest du deine Einstellung zu Mode bezeichnen oder beschreiben? Hat sie sich im Laufe deines Lebens verändert?

Was gerade „in“ ist, ganz ehrlich – daran habe ich mich in puncto Kleidung nie orientiert. Ich war als Kind und Jugendliche ein echter Moppel und konnte ohnehin nie tragen, was andere anhatten. Das hat mich oft sehr frustriert. Das hat mir die Mode vielleicht auch etwas verleidet.

Später dann war ich lange Jahre sehr schlank. Ich hätte alles tragen können. Na ja, fast alles. Und was ist passiert? Nichts. Die Devise hieß also noch immer: Hauptsache bequem. Eine schicke Jeans, ein buntes T-Shirt dazu. In richtig eleganter Kleidung habe ich mich nie wohlgefühlt. Eher wie verkleidet. Das war nicht ich. Und daran hat sich bis heute nicht viel geändert.

2010: In Schwarz-Weiß vor ihrem Krimiregal (6000 Bücher!).

Manchmal aber – bei Festivals, wenn ich Seminare gebe, einen Rede halte oder bei besonderen Lesungen – da mag ich es dann schick. Weiche, feine Wollhosen, eine elegante Strickjacke, und (je älter ich werde …) etwas rüschig – das gefällt mir dann sehr.

Welche Stilrichtung bevorzugst du? Wie hat sich dein Geschmack im Laufe deines Lebens verändert – und warum?

Ich bin zu 80 Prozent ein Jeans-und-Pullover-Typ, ganz klar. Das wird sich garantiert nie ändern. Kleidung muss für mich in erster Linie praktisch sein. Tierschutztauglich. 20 Prozent sind aber schon etwas eitler.

Bei allem, was ich trage, achte ich aber darauf, dass kein Leid mit den Produkten verbunden ist. Ich trage kein Leder und passe auf, ob die Wolle von mulesing-freien Schafen stammt.

Angefangen hat meine Kleiderwahl unter dem „Achtsamkeits-Aspekt“ – wenn ich das so nennen darf – etwa 2005. Vorher wusste ich schlichtweg nicht, was ich mit dem Kauf ausschließlich nach Gefällt-mir-Kriterien indirekt und ungewollt unterstütze. Eine Freundin hat mir damals davon erzählt, und weil ich Tiere ja sehr liebe, habe ich dann immer weiter recherchiert. Was ich entdeckt habe, konnte ich nicht glauben. Aber wegsehen und weitermachen wie bisher konnte ich mit diesem Wissen nicht.

Anders war es bei der Kosmetik. Tierversuche bzw. tierversuchsfreie Produkte waren schon als Teenager ein Thema für mich.

Heute gibt es tolle Mode ohne Leid, Shops mit mulesingfreier Wolle, Leder-und Pelzimitate für die, die es eben lieben ;) Und das Internet ist voll mit Infoquellen. Das ist gut so – auch wenn sich viele Medien noch schwertun, die ganze Wahrheit zu berichten.

Hattest du modische Vorbilder? Personen oder Persönlichkeiten, die deinen Stil geprägt haben – oder eine modische Ära?

Nein.

Hast oder hattest du ein Lieblingskleidungsstück? Wenn ja, welches? Und warum?

Alles, was lila ist – vor allem im Herbst. Im Sommer mag ich gern rot. Lila und glänzend ist mein Lieblingsstück (warum, weiß ich nicht) – so ein Jackett trage ich auch gern auf Lesungen.

In Lila zur Lesung. (Freiburg 2011)

Wie hat sich deine Einstellung zu Schönheit und Aussehen in den letzten Jahren verändert? Inwieweit hat das Älterwerden damit zu tun?

Aussehen und Schönheit haben für mich an Stellenwert verloren. Vor allem seit ich einige Freunde verloren habe, selbst lange krank war und ich die Ausbildung zur Hospizhelferin gemacht habe. Da gibt es Momente, da geht es einfach um das pure Leben. Ein ungeschminktes oder schräges, ein älteres, faltige Gesicht kann unglaublich viel vom Leben erzählen.

Studentin mit Pagenkopf. (1996)

Was aber sehr an Stellenwert gewonnen hat, ist Pflege. Je älter ich werde, desto abstoßender finde ich muffelnde Menschen. Ist einfach so. Wenn jemand also die Möglichkeit hat, sich zu pflegen, zu waschen und frische Kleidung zu tragen, dann muss er oder sie das tun, um mir nahe zu kommen.

Zur Kosmetik: Bist du eher der Wasser-und-Seife-Typ oder glaubst du an die Möglichkeiten moderner Produkte?

Ich bin der Typ „Es muss tierversuchsfrei sein“. Das ist leider bei nur wenigen Produkten der Fall, denn irgendein Stoff ist fast immer am Tier getestet, und das gegebenenfalls eben durch Drittfirmen oder im Ausland. Viele Kosmetikkonzerne weiten derzeit ihr Geschäft nach China aus – und dort sind Tierversuche noch immer Vorschrift, Alternativen werden nicht akzeptiert. China lässt nicht nur altbewährte Rohstoffe testen, sondern auch fertige Kosmetikprodukte/Endprodukte. Letzteres ist in ganz Europa bereits ohne Ausnahmen gänzlich verboten.?Die Konsequenz: Kosmetikfirmen, die auf den chinesischen Markt wollen, sind gezwungen, Tierversuche an ihren Produkten durchzuführen. Sie fallen daher aus der grünen Liste heraus, auf der sie oft schon standen.

Ich verwende sehr gern duftende Lotionen, am liebsten Kokos. Ich schminke mich sehr gern um die Augen. Hasse aber Lippenstift. Fältchen sind für mich vollkommen in Ordnung. Ich muss die nicht wegmachen. Älterwerden ist ein Prozess, den die Natur so gegeben hat, ich muss da nicht eingreifen. Ich mag meine Fältchen. Und ich mag meine Haare, in denen schon ziemlich viele silberne Streifen sind. Nur selten hätte ich sie gern mal wieder ganz dunkelbraun. Aber Haarfärbemittel, die halten, sind das einzige Kosmetikprodukt, das es nicht ohne Tierversuche gibt. Und nur meiner Eitelkeit zuliebe muss kein Tier jahrelang mit verätzter Haut und blindgeätzten Augen vor sich hinvegetieren.

Lidschatten-Liebhaberin. (2003)

Meine bevorzugten Marken sind Balea von dm, Weleda (da liebe ich auch den Duft sehr) und alles von Lush. Weil einige Firmen ihre Politik ab und zu ändern (Stichwort z.B.: Markt in China), informiere ich mich regelmäßig, wer was macht. Das gilt sowohl für die pflegende als auch die dekorative Kosmetik. Immer aktuell sind die Infos auf kosmetik-ohne-tierversuche.de und – ganz klasse – die Datenbank unter wermachtwas.info. Letztere gibt’s auch als App fürs Smartphone. Da kann ich im Laden immer gucken, welches Produkt „sauber“ ist und mit dem ich mich unter der Dusche oder vor dem Schminkspiegel dann auch rundum wohl fühle.

Wer macht was listet übrigens alles vom Babybrei über die Outdoor-Jacke, Senf, Saft und Scheuermilch bis zum Leckerli für den Vierbeiner. Klasse: Zu jedem „non clean“-Produkt zeigt die Datenbank saubere Alternativen.

Du bist auf Reisen und hast deine Waschbeutel vergessen. Welche drei (Kosmetik-)Produkte kaufst du sofort?

Zahnbürste und -pasta, Gesichtscreme von Balea, Shampoo mit Kokosduft (auch von Balea).

Hast du ein Schönheitsgeheimnis?

Nein, eigentlich nicht. Zum Wohlfühlen brauche ich aber frisch gewaschene, seidige Haare, meine morgendliche Dusche, duftende Creme im Gesicht und ein wenig Schminke um die Augen, bevor ich rausgehe (alles von Balea, Lidschatten und Kajal von benecos). Ich liebe die Zeit morgens im Bad. Das beste Mittel für Schönheit ist aber – glaube ich – ein zufriedenes Leben ohne erdrückende Sorgen. :-)

Gibt es ein Mantra, das dich durch dein Leben begleitet?

Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen!

Danke, liebe Petra, für deine spannenden und ehrlichen Antworten und die wichtigen Impulse in Sachen Achtsamkeit! Und du hast völlig recht: So sehr die Bilder quälen (zum Bespiel von dem furchtbaren Mulesing!), man darf nicht wegschauen - auch wenn es schwer fällt!

***
Mehr spannende Interview mit spannenden Frauen jenseits der 40 gibt es übrigens hier: Click and enjoy!

4 Kommentare

Heike Baller
am Montag, 25. November 2013 um 10:06 Uhr

Liebe Petra, das mit “Krone richten” ist einfach total klasse - Danke für das Bild und den Stups!
Heike

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Ray Rosdale
am Montag, 25. November 2013 um 12:39 Uhr

Ein sehr schönes Interview. Mir gefällt vor allem, dass man ganz nebenbei, was über die Kosmetik- und Textilienindustrie erfährt - und somit auch über den Menschen, der spricht. Sehr sympathisch - und somit für mich schön. :-)

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Jörg Friedrich
am Montag, 25. November 2013 um 12:44 Uhr

Es gibt tatsächlich noch sehr ehrliche Interviews…
Ausserdem eine gute Bildauswahl.

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Sarah
am Dienstag, 22. November 2016 um 17:34 Uhr

Bin durch Zufall auf den Beitrag gestoßen und fand ihn wirklich sehr interessant. Ich bin mal gespannt was ich beim Durchstöbern noch so finden. Grüße

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