Texterella schreibt.
Was macht eigentlich Daisy?
Es gibt ja Autorinnen und Autoren, die sprechen über ihre Bücher erst, wenn diese in Druck sind. Das ist sehr vernünftig. Denn so können sie in aller Ruhe vor sich hin tippen, bis das Buch dann fertig ist.
Und dann gibt es mich, Ms Unvernunft. Ich erzähle von Daisy seit … seit … seit sie in mein Leben gekommen ist. Das war 2019 und ich war gerade in Quito, um dort meine Tochter zu treffen, die … ach, lange Geschichte und tut auch nichts zur Sache.
Auf jeden Fall wartete ich gerade auf Eva, wir wollten Abendessen gehen. Und dann war da diese Mail einer Literaturagentin aus Berlin: Ob ich nicht Lust auf ein längeres Format hätte. Ein Roman. Sie stelle sich etwas vor wie Bridget Jones. Nur eben für 50plus. Oh. Mein. Gott. Ein wahrgewordener Traum! Eine Literaturagentin, die mich anspricht (allein das!) und sich einen Unterhaltungsroman wünscht. Von mir! So viel Sechser im Lotto kann man gar nicht haben, zumindest fühlte es sich so an. Und natürlich hatte ich Lust.
So schrieb ich los. Noch am selben Abend. Abendessen? Ja, aber bitte schnell. Ich wollte die Agentin keinesfalls warten lassen. Und die Geschichte rund um Daisy war auch sofort da, ebenso der Name. Es fühlte sich an, als müsste ich alles nur noch aufschreiben … Wie konnte ich damals auch ahnen, dass ich sechs Jahre später immer noch dran sitzen würde. Gut, dazwischen hatte ich drei weitere Bücher geschrieben (und veröffentlicht!), die ähnlich überraschend in mein Leben gekommen waren. Nur Daisy, die lebt immer noch auf meiner Festplatte. Manchmal sehe ich sie direkt vor mir, wie sie mich vorwurfsvoll anschaut, als wollte sie fragen, wie lange es noch dauert. Dann tröste ich sie, murmle etwas von „Ende des Jahres, vielleicht …“, zähle die bereits geschriebenen Seiten, mache einen neuen Plan, schreibe ein weiteres Kapitel – und dann kommt doch wieder so viel Leben dazwischen, dass Daisy erneut warten muss.
Wer mobil unterwegs ist, klickt bitte auf den Pfeil, um das Video zu sehen. Wer das Video gar nicht sehen kann (ich arbeite daran, eine Lösung zu finden), der kann es sich (hoffentlich!) hier auf Youtube anschauen.
Eines kann man nicht in Abrede stellen: Geduldig ist sie, meine Daisy. Ich hätte an ihrer Stelle schon längst die Lust verloren, mit dem Fuß aufgestampft und das Weite gesucht. „Soll sie sich doch ne andere Romanfigur suchen, pfft! Ich habe fertig!“, hätte ich vermutlich gedacht.
Und tatsächlich hätte ich auch als Autorin die Sache mit dem Roman schon längst aufgegeben – wenn, ja, wenn nicht immer wieder Texterella-Leserinnen fragen würden: „Was macht eigentlich Daisy?“ Das überrascht und beglückt mich zugleich. Dass sich diese Romanfigur so sehr in den Köpfen meiner Leserinnen festgesetzt hat! Erst vor ein paar Tagen postete ich auf Instagram ein Video (siehe unten) – und darunter schrieb jemand: „Genau so stelle ich mir Daisy vor!“ WOW. (Der Kommentar ist übrigens der Auslöser für diesen Beitrag ...) Und auch bei meinen Lesungen sprechen mich Frauen gelegentlich an und fragen nach ihr. Selbst Emails in Sachen Daisy erreichen mich (nur die Verlage, die haben bedauerlicherweise noch nicht angefragt.)
Das sind dann die Momente, in denen ich ganz sicher weiß: Ich muss diesen Roman fertig schreiben, andernfalls bliebe da eine Lücke und das nagende Gefühl: ein großes Ziel nicht erreicht und ja, auch versagt zu haben. Also: wirklich versagt, denn als Nichts-Könnerin fühle ich mich ja ohnehin: Warum geht das nicht schneller? Warum schreibe ich nicht mehr? Warum brauche ich sechs Jahre (mindestens!) für einen simplen Roman (es handelt sich ja nicht um ein Werk à la „Krieg und Frieden“ oder „Der Zauberberg“), während andere Kolleginnen pro Jahr drei Bücher schreiben? Warum bin ich nicht disziplinierter, warum schaffe ich es nicht, eine Stunde früher aufzustehen und sie zum Schreiben zu nutzen? Warum, warum, warum … Und dann natürlich die ganzen Selbstzweifel, beginnend mit dem altbekannten „Ich kann doch sowieso nicht schreiben …“ bis hin zu „Was für eine dämliche Geschichte! Wer wird diesen Unsinn überhaupt lesen wollen?“ Ich weiß, mit all diesen Gedanken bin ich wahrlich nicht allein, ich teile sie mit vielen schreibenden Kolleginnen (ja, vor allem Frauen!). Aber das ist auch kein wirklicher Trost.
Wer das Video nicht sehen kann, findest es auch hier (auf Instagram) oder hier (auf Youtube). Hoffe ich zumindest!
Und dann gibt es sie doch, diese Vormittage, an denen kein Alltag zu erledigen ist, und ich wirklich mal zwei oder drei Stunden in aller Ruhe schreiben kann. Und danach das Gefühl habe: Geht doch. Wird schon! Vielleicht ist mein Geschreibsel doch nicht so schlecht. Und gelegentlich schmunzle ich sogar, weil mich eine Wendung amüsiert oder ein Satz aus Daisys Mund. Oder schlichtweg, weil ich diese etwas tollpatschige Frau wirklich mag.
Eines ist sicher: Einen Roman zu schreiben ist Schwerstarbeit, und ich ziehe den Hut vor allen, die irgendwann „Ende“ unter ihr Werk setzen konnten. Das Schwierigste ist: dranbleiben, nicht den Mut verlieren, und auch nicht die Motivation. Die Zweifel nicht Oberhand gewinnen zu lassen und an sich selbst zu glauben. Geduldig zu bleiben, auch wenn es dauert und dauert und dauert. Wobei es mein Ziel ist, zumindest den ersten Entwurf bis Spätherbst (2025 – ich sag’s mal dazu …) fertig zu haben. (Oweia, wenn ich das so lese, erscheint es mir geradezu verwegen ambitioniert.)
So, nun wisst ihr, wie es Daisy geht. (Und mir.) Falls Ihr Tipps habt, wie ich mich selbst in den Schreibtiefs (die immer wieder kommen) motivieren kann, oder den einen oder aufmunternden Spruch, dann würde ich mich darüber sehr freuen. Und Daisy auch, da bin ich sicher.
PS: Ich liebe es zu schreiben, ich hasse es zu schreiben. Nähme man mir Block und Stift respektive meinen Laptop weg – ich würde wohl eingehen wie ein Primelchen. Und gleichzeitig würde ich gelegentlich gerne alles in den Müll werfen, und frei sein von diesem Drang, ständig schreiben zu müssen. Ich halte ja noch nicht mal zwei Wochen Urlaub aus.
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→ Lust auf Mode? Den Look aus dem Video habe ich hier nachgestylt (alle Kleidungsstücke, bis auf die roten Pantoletten, ist leider schon älter) und verlinkt. (Auf der Seite gibt es übrigens noch mehr Looks mit mir … )
→ Lust auf eine Lesung? Am 6. Mai 2025 lese ich in (82377) Penzberg in der Stadtbücherei Penzberg (aus: „Auf das Leben!“). Hier gibt es mehr Infos zur Veranstaltung und zur Anmeldung. Weitere Lesungstermine für 2025 findest du hier.
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7 Kommentare

am Sonntag, 27. April 2025 um 09:18 Uhr
Hallo, wie sehr du mir aus dem Herzen spricht, der innere Schweinehund, ich kenne ihn zu gut. Doch manchmal ist es eben doch nicht die richtige Zeit gewesen. Denn im Wandel unserer Zeit ist jetzt so manches bei mir möglich, was vorher noch nicht ging. Eventuell hat es mit dem Alter und unserer Reife zu tun. Ich bin total von deinen Outfits mit deinen tollen pinken Rock begeistert. Seit ich deinen Blog lese, habe ich meine Kleidung auch vom Sack zur Figur geändert. Vielen Dank für deine tollen Inspirationen, Kosmetika und deinen wundervollen Geschichten. Jacqueline Krug

am Sonntag, 27. April 2025 um 11:54 Uhr
Hallo liebe Susanne,
Ich genieße deine „Schreibe“ und möchte gern mehr davon!
Was macht Daisy heute, an so einem herrlichen sonnigen Sonntag??
GLG
Elisabeth
Liebe Susanne,
mir ging es ähnlich: 2015 schrieb ich eine lange Geschichte auf und legte sie brav in die hinterste Ecke meines Speichers. Nebenbei entstanden Kurzgeschichten, die ich auf Zuraten von Freunden 2019 als Buch veröffentlichte. Bei einem Lesungsabend mit einer Autorenfreundin fragte uns die Gastgeberin nach einer Krimilesung. Meine Freundin hatte Material, ich nicht. “Dann schreib halt einen Krimi!” Wie wenn das auf Knopfdruck ginge. Eine Idee hatte ich bald im Kopf, eine Szene auch. Also fing ich an zu tippen. Den ersten Teil konnte ich dann bei einem weiteren Event präsentieren, Teil zwei ist noch in Arbeit. Dabei fiel mir mein Roman wieder ein, der vorsichtig um Aufmerksamkeit bat. Ich kürzte, änderte, überarbeitete, kürzte, ... du kennst das ja. Nach wertvollen Anregungen meiner Testleserinnen veröffentlichte ich im Oktober 2024 endlich DIE BLAUE ZITRONE . Andere Projekte erfordern auch enorm viel Zeit und der Abgabetermin ruft laut! Am Krimi schreibe ich immer mal wieder. Das ist dann Entspannung. Auch er beginnt in Augsburg, führt später nach Italien, wird spannend, aber es tropft nicht aus jedem Kapitel Blut. Es geht um Beziehungen und Lokalkolorit.
Susanne, dir gutes Gelingen mit Daisy!
Liebe Susi,
ein Buch zu schreiben ist bestimmt nicht leicht. Doch vielleicht hilft dieser laienhafte Tipp:
Sieh Daisy einfach als eine Lebensabschnitts-Begleiterin… da weiß frau auch oft nicht wie lange das geht und wie intensiv es immer mal wieder ist. Irgendwann aber kommt der Abschnitt zum Ende und Daisy wird in ihr eigenes (Buch-)Leben entlassen. So stell ich mir das vor.
Und Du findest eine neue literarische Lebensabschnitts-Begleitung… :-)
Herzlich,
Sieglinde
Liebe Susanne, oh, wie Du mir aus dem Herzen sprichst - äh, schreibst!
Bei mir ist es Horst, der weg soll. Also in meinem Roman. Und doch ständig präsent ist. In meinem Kopf. Aber leider nicht auf der Festplatte. Wenn ich an der Tastatur sitze, kommt einfach immer etwas anderes. Neue Blogbeiträge, kleine Geschichten, Ideensammlungen, to-do-Listen …. aber seit Monaten keine weitere Zeile zu Horst! Vielleicht sollten sich Daisy und Horst zusammentun? Ob daraus was würde? Am besten für Dich und mich, um weiter ins Schreiben zu kommen…
Liebe Grüße - und - „Gut Ding will Weile haben“ - oder? Christine

am Sonntag, 27. April 2025 um 15:25 Uhr
Liebe Susi,
wie schön, daß es Daisy noch gibt. Laß ihr Zeit, mit über 50 geht alles nicht mehr so schnell…
Und wie beruhigend, daß Du auch im Zwei-Finger-Suchsystem tippst. Ich dachte, bei Dir geht das professionell, zack-fertig….
Alle Menschen sind doch irgendwie gleich, mit ihren Unzulänglichkeiten, Zweifeln und Freuden. Das ist beruhigend.
Also keep cool Baby!

am Sonntag, 04. Mai 2025 um 12:53 Uhr