Frauen ab 50: Das Montagsinterview mit Birgit Heintz.
Man könnte glatt neidisch werden angesichts ihres farbenfrohen Lebenslaufs! Nicht nur, weil sich er sich so spannend liest - sondern auch, weil die Vielfalt offensichtlich den Kopf jung und Falten fern hält. Oder hättest du gedacht, dass Birgit Heintz im November 58 wird?!
Dabei hatte alles so solide mit einem Lehramtsstudium samt Staatsexamen angefangen! Dann ging es für Birgit erstmal ab nach London. Nach einem Jahr als Assistant Teacher war allerdings nicht nur klar, dass Lehrer wohl doch nicht ganz ihr Traum-Job war - sie kehrte (mit schwarzem Herren-Blazer, Krawatte, vielen Badges, Neon-Socken, Sex-Pistols- und Damned-Scheiben unterm Arm) auch ziemlich angepunkt nach Deutschland zurück.
Hier wurde es dann trotz Schwarz-Look sehr bunt: Sie arbeitete als Nachhilfe-Lehrerin, DJane (!), Funkspot-Sprecherin, leidenschaftliche Musikkritikerin - und kam so schließlich zur Texterei, der sie als Texterin und Konzeptionierin bis heute treu geblieben ist.
Birgit liebt die schönen Seiten des Lebens: Angefangen mit der Musik über Essen und Trinken, Reisen ... bis hin zu Mode und Schönheit! Logisch, dass ich ihr ein paar Fragen dazu stellen wollte. Und ich freue mich, dass sie sie beantwortet hat!
Wie würdest du deine Einstellung zu Mode bezeichnen? Welchen Stil bevorzugst du?
Mode macht mir Spaß. Und: Was ich trage, zeigt, wer ich bin. Trends interessieren mich besonders, wenn ich sie in meinen Look integrieren kann. Ich mag es an-gerockt, nicht zu clean oder mainstreamig. Viel Schwarz (ok, ultra-originell ist anders, doch darauf kann ich leider keine Rücksicht nehmen …), hie und da Violett, Kirschrot, Bordeaux, Petrol. Ich mische gerne verschiedene Styles, No-Name-Teile und Marken. Glitzer zu alten Jeans, Strick zum Spitzenrock, Promod meets Boss Jeanswear. Hauptsache, kein Kopf-bis-Fuß-Look. All dies ist aber nicht in Stein gemeißelt. Wie heißt es schön? Alles fließt.
Hat sich deine Haltung im Laufe deines Lebens verändert?
Hippiesk, punkig, goth-wavig … In jungen Jahren habe ich die wildesten Verwandlungen mitgemacht. Manchmal so überraschend, dass meine Umgebung nicht mehr mitkam. In den 70ern und 80ern habe ich auch schon einmal eine Stunde oder länger an Outfit, Hairstyle und Make-up gebastelt. Wenn ich danach durch die Heidelberger Menschenmenge wandelte, teilte sich diese mitunter wie das Rote Meer, als Moses …
1976. Hippiesk in London gelandet ...
Einen Erwachsenheitsanfall in Sachen Fashion will ich doch nicht verschweigen. Kurzzeitig beschlich mich ein Gefühl von „Jetzt wird es Zeit für altersgemäße Kleidung“, was auch immer das sein mag. Daraufhin habe ich zwei graue Hosenanzüge geschossen (leider fotografisch undokumentiert, die Bilder wären heute echte Schenkelklopfer). Mit dem Ergebnis, dass ich mich darin wie ein Funkenmariechen fühlte: komplett verkleidet. Nach dieser kurzen und eigentlich völlig fruchtlosen Phase der modischen Mäßigung kam ich bald back to the roots – zum angerockten Style. Und das fühlt sich immer noch gut an.
Heute bin ich generell entspannter und fauler: Make-up und Haar müssen hurtig gehen, die Kleidung soll neben birgit-like auch bequem sein. Kleiner Ausrutscher in Sachen Komfort: Die ein oder anderen paar Steh-Schuhe zieren mein Regal und manchmal auch den Fuß.
Was Marken angeht, bin ich recht relaxt. Ich liebe Promod und Zara, freue mich aber sehr über Jil-Sander-Schühchen, wenn sie denn meinen Weg kreuzen. Kam schon vor.
Hast du ein Lieblingskleidungsstück? Wenn ja, welches? Und warum?
Mehrere: Fächer in allen Farben und Formen, ein schwarzes Spitzentop, langsam in der Auflösung begriffen, entzückende Cowboy-Stiefel mit einem Hauch von Petrol, und, und, und ... Überhaupt Schuhe und Taschen, die fühlen sich bei mir nie alleine …
Ziemlich punk!
Wie hat sich deine Einstellung zu Schönheit und Aussehen in den letzten Jahren verändert?
Auch da lege ich eine entspanntere Haltung an den Tag. Ich lasse die Falten kommen, möchte sie aber ein wenig hegen und pflegen. Außerdem ist es mir noch gleichgültiger als früher, was andere über mich und mein Outfit denken.
Zur Kosmetik: Bist du eher der Wasser-und-Seife-Typ oder glaubst du an die Möglichkeiten moderner Produkte? Hast du eine Lieblingsmarke?
Ich bin ein Kosmetikfreak und probiere gerne neue Produkte aus. Von Smoky Eyes sowie schwarz-rotem Lippenstift lasse ich allerdings die Finger. Das sieht man jenseits des Zahnspangenalters doch schnell nach Adams-Family aus (wenn man nicht gerade Carine Roitfeld ist). Ich hab‘s ausprobiert ...
Bei Nagellackfarben bin ich allerdings hemmungslos.
Wenn auch Fan der verschönenden Dinge, bin ich keine Gläubige. Falten bügeln die neuen Texturen wohl nicht weg, sie beugen höchstens ein wenig vor. Wenn es da echte Creme-Sensationen gäbe, könnte man sich das ganze Botox-Getue sparen. Für mich zählen vielmehr Wohlfühl-Effekte und Streicheleinheiten. Tiegelchen, Töpfchen, Döschen begeistern mich einfach und stehen bei mir auch zuhauf im Bad. Nagellack mit Kügelchen-, Gesichtsmasken in zartem Apricot, knallblaue Wimperntusche – you name it, I have got it. Doch teure Pflegeprodukte müssen es bei mir nicht sein.
Im großen Ganzen bin ich eine Marken-Wechslerin, doch bei Lidschatten schwöre ich auf M.A.C. Guerlain macht sensationelle Düfte, z. B. meinen Lieblings-Winterduft „L’heure bleue“. Da bin ich dann konservativ – weil ich einfach noch nichts Besseres gefunden habe.
Hast du ein Schönheitsgeheimnis?
Meine Geheimnisse sind äußerst unenigmatisch. Viel laute Rock-Musik, sich viel bewegen, sich viel im Freien aufhalten, ob bei Festivals oder beim Wandern. Viel und hoher Sonnenschutz. Keine Zigaretten. Aber einem Glas prickelnde Dinge im Glas bin ich nicht abgeneigt.
Das Wichtigste aber: Lachen. Viel. Gerne. Oft!
Hast du ein Mantra, das dich durch dein Leben begleitet?
Vorne geht’s weiter.
Und: Alles, was kickt, ist ok.
Danke, liebe Birgit, für's Interview!
Mehr spannende Interview mit spannenden Frauen jenseits der 40 gibt es übrigens hier: Klick and enjoy!
11 Kommentare
am Montag, 15. Oktober 2012 um 10:28 Uhr
Birgit strahlt, sichtbar und unsichtbar. Einfach toll!
am Montag, 15. Oktober 2012 um 10:45 Uhr
Birgit wird 58? Nee, oder? Da wäre ich ja niemals nicht draufgekommen. Langsam glaube ich, es muss an dieser Wortarbeiterei liegen, die hält jung. Zumindest will ich das in eigenem Interesse glauben ...
Wieder ein ganz tolles und richtig spannendes Interview!
am Montag, 15. Oktober 2012 um 11:34 Uhr
Vielen Dank, daß Du Birgit noch einmal ausführlich vorgestellt hast, bevor ich mich am Sonntag mit ihr in den dunklen Wald wage. Nun bin ich bestens vorbereitet ;-)
am Montag, 15. Oktober 2012 um 11:35 Uhr
Ich habe mich im Tag geirrt.
am Montag, 15. Oktober 2012 um 12:25 Uhr
Tolle Frau, tolles Interview. So sind sie, die 50erinnen ;-)
am Montag, 15. Oktober 2012 um 12:48 Uhr
Birgit rockt einfach, ich kann’s bezeugen ;-). Großes Kino! Danke für das schöne Interview!
am Montag, 15. Oktober 2012 um 13:07 Uhr
Was für eine wilde Lebendigkeit! Die kommt auch in diesen paar Zeilen, die ich quasi atemlos gelesen habe, total rüber! Danke für das schöne Interview, Birgit (und Susi!!)!
am Montag, 15. Oktober 2012 um 14:59 Uhr
Danke für diese schöne Interview-Reihe! Birgit hat wirklich einen tollen Stil. Wenn mich die Angst beschleicht, dass ich meine Garderobe bald altersbedingt auf “schlicht, edel und elegant” umstellen muss, denke ich an Birgit und bin beruhigt. Nichts gegen schlicht-elegant-edel, aber allein schon aus finanziellen Gründen bin ich nicht scharf drauf.
am Mittwoch, 17. Oktober 2012 um 09:28 Uhr
Toll, diese Interviewreihe und wunderbar, dass es diesmal rockt und rollt—und Lachen und Prickelwasser als Schönheitsspender sind ja nun wirklich erschwinglich ... ich bin gespannt auf die nächsten Interviews und sende an Birgit ein dickes “Daumen hoch”!
am Mittwoch, 17. Oktober 2012 um 09:32 Uhr
Ich liebe diese Interviews auch - und kann es immer kaum erwarten bis es endlich endlich endlich wieder Montag ist! :-)
am Montag, 05. November 2012 um 15:11 Uhr
Was für eine tolle Interviewreihe, Susi, und was für Einblicke! Und Birgit - so lebendig, so wild und 58??? Nein, das kann gar nicht sein.