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Warum Texterella kein feministisches Blog ist. Oder vielleicht doch.

Ich würde mich nicht als Feministin bezeichnen – aber dass Frauen dieselben Rechte wie Männer haben (sollten) war mir immer schon ein Anliegen. Und immer schon habe ich diese Rechte auch eingefordert. Als Gymnasiastin galt ich bei meinen Klassenkameraden als „Emanze“, weil ich nicht dem gefälligen Mädchen-Ideal entsprach, mich schon damals hinaus in die weite Welt träumte, ambitionierte Pläne hatte – und gerne diskutierte. Später waren Kinder plus Karriere für mich selbstverständlich – wenn auch nicht einfach durchführbar. Als Gemeinderätin war ich bei Amtsantritt im Jahr 2002 eine von zwei Frauen im vierzehnköpfigen Gremium. Zwischenzeitlich waren wir immerhin schon mal vier. Im Grunde verstehe ich bis heute nicht, warum wir Frauen für Gleichberechtigung kämpfen müssen – eigentlich sollte sie doch selbstverständlich sein. Und vor allem sollte jeder Mensch diese Selbstverständlichkeit begreifen, ja, anerkennen! Dass dies nicht so ist, ist mir bei der ganzen Gleichberechtigungsdebatte das allergrößte Rätsel.

Vor diesem Hintergrund hat mich ein Kommentar (auf Facebook) kürzlich ein wenig geschockt. Ich gebe ihn mit meinen Worten wieder: Ob es nicht schrecklich unemanzipiert und rückständig sei, Frauen in meinen Montagsinterviews auf Mode und Schönheit zu reduzieren. Ob diese Reihe damit nicht jedem Klischee entspräche. Und was für ein (schlechtes) Vorbild dies für Mädchen und junge Frauen von heute sei!

Eine kleine Porträtauswahl (per Zufallsgenerator) aus fast drei Jahren mit Montagsinterviews.

Natürlich habe ich argumentiert: Dass Texterella nun mal ein Mode- und Lifestyle-Blog ist. Dass ich Frauen nicht reduziere, sondern einen Aspekt ihres Lebens beleuchte. Und dass sich auch emanzipierte Frauen und Feministinnen meines Erachtens für Mode und Schönheit interessieren dürfen. Ich zumindest will nicht (nur) für Männer schön sein, sondern in erster Linie für mich selbst.

Trotzdem, die Kritik saß. Der Stachel auch. Mir fiel das herablassende „Achso, das ist ja ein Modeblog!“ einer bekannten deutschen Internet-Influencerin ein, als es irgendwo um Texterella ging. Mir fielen die vielen Blogs meiner Kolleginnen ein, die sich um wichtige(re) Themen drehten. Und ich fragte mich, warum nicht auch ich ein Blog schrieb, in dem es um mehr ging als um Mode, Schönheit, Lifestyle. Warum schrieb ich nicht über Politik, über Feminismus – oder wenigstens über nachhaltigen Lifestyle?

Ich habe die letzten Tage viel über dieses Thema nachgedacht, und bin damit immer noch nicht fertig. Aber ich denke, ich schreibe dieses Blog (auch), um genau eines zu beweisen: dass wir Frauen alles haben können. Dass wir vielschichtig sind. Dass wir Klischees sprengen. Dass wir emanzipiert sein – und zugleich Mode mögen können. Dass wir keine lila Latzhosen mehr brauchen, um unsere Haltung zum Thema Gleichstellung zu beweisen. Dass Schönheit und Attraktivität etwas ist, was für uns selbst wollen – nicht für irgendwelche Männer.

Texterella mag kein feministisches Blog sein. Aber es ist auch kein anti-feministisches. Ich will mich und natürlich auch meine Leserinnen einfach nicht auf ein Entweder-oder reduzieren lassen. Weil ich glaube, dass es funktioniert, beides zu sein und beides zu haben. Das Streben nach Gleichberechtigung und das Interesse an den klassischen „weiblichen Themen“ wie Mode und Kosmetik sind für mich kein Widerspruch.

Was mir bei all dem wichtig ist: Zu zeigen, dass es eben nicht nur die eine Schönheit gibt. Nicht nur die Schönheit, wie sie Frauenmagazine zeigen, oder GNTM. Dass Schönheit keine Frage des Alters ist, und keine der Figur, des Hautzustands oder der Haarfarbe. Sondern dass Frauen dann schön sind, wenn sie zufrieden sind mit sich und ihrem Leben.

Und damit schließt sich der Kreis: Denn Zufriedenheit und Glück haben ganz viel mit Selbstbestimmung und mit Gerechtigkeit zu tun, und damit auch mit Gleichberechtigung.

Vor diesem Hintergrund dürfen die Frauen, die in meinen Montagsinterviews zur Sprache kommen, durchaus als Vorbilder gelten. Gerade auch für Mädchen und junge Frauen. All diese Frauen sind selbstbestimmt ihren eigenen Weg gegangen und blicken auf erfüllte Jahrzehnte zurück. Sie gestalten ihr Leben und sind mit sich im Reinen. Alle sind sie ganz unterschiedlich, aber jede einzelne ist wunderschön. Dabei ist es egal, ob sie groß oder klein, dick oder dünn, blond, brünett oder grauhaarig sind. Ob ihre Haut glatt ist oder faltig. Kurz: Sie zeigen, dass Schönheit so viel mehr ist als photogeshoppte Werbegesichter und dass Mode Individualität bedeutet, und nicht nur trendigen Einheitsbrei.

Und genau das macht mich dann doch fast ein wenig stolz. Denn hier, auf Texterella, geht es nicht nur um seichtes Einerlei, sondern um Leben in seiner selbstbestimmten Eigenart und Schönheit in ihrer Vielfalt. Und wenn man hier die Definition von Feminismus liest, dann ist Texterella vielleicht doch ein feministisches Blog. Nicht nur, aber auch.

Ergänzung vom 28. Juni:

Ebenfalls über das Thema Feminismus schrieben:
- A Hemad und a Hos - Fabforties (Buchempfehlung)

4830 18 50+ Lifestyle 25.06.2015

18 Kommentare

wandklex Ingrid Heuser
am Donnerstag, 25. Juni 2015 um 12:17 Uhr

Gerne auch hier: Das hast Du wunderbar geschrieben, Susanne; ich finde ebenfalls nicht, dass texterella.des Montagsinterviews mit dem Feminismus in Konflikt geraten.
Gleichberechtigte Frauen haben nun mal viele Facetten im Leben, die Zauberformel ist nun mal Selbstbestimmung und diese zu leben.
Auch ich sah das so, als ich selber die Ehre hatte, DirMitte Oktober 2013 ein - “mein” - Montagsinterview geben zu dürfen,

)
Noch heute freue ich mich darüber, dieses Interview mitgemacht zu haben - auch wenn (oder gerade weil) ich mit mir da recht schonungslos zu Gericht gehe. Aber auch das ist Selbstbestimmtheit: sich zu erlauben, offen zu sein, zu seinen inneren und äußeren Schwächen zu stehen und das Beste draus zu machen!
Herzlichbunte Grüße von Deiner wandklex Ingrid Heuser

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Cla von Glam up your Lifestyle
am Donnerstag, 25. Juni 2015 um 12:45 Uhr

Wie du schon schreibst, liebe Susi - das eine schließt das andere nicht aus. Selbst Angela Merkel hat eine Stylistin. ;)

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Annette
am Donnerstag, 25. Juni 2015 um 12:52 Uhr

Sehr gut auf den Punkt gebracht! Wir sind ja hier eben gerade NICHT “auf Mode und Schönheit reduziert”. Und: “dass wir alles haben können” finde ich einen guten Anspruch ;-).

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Jutta
am Donnerstag, 25. Juni 2015 um 13:09 Uhr

Genau so isses. Selbstbestimmt leben und gleiche Rechte genießen zu können, das sollte eine Selbstverständlichkeit sein – für alle. Wobei das ja nicht heißt, dass wir Frauen deshalb sämtliche weiblichen Eigenschaften ablegen müssten/wollten/täten. Nein: Dass es Weibliches und Männliches gibt, macht das Leben bunter und schöner. Und dort, wo heute noch männliche Eigenschaften regieren, wäre ein Mehr an weiblichen Qualitäten häufig wünschenswert und der Sache dienlich.

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Clia von Café Clia
am Donnerstag, 25. Juni 2015 um 13:44 Uhr

Mhm. Also ich finde es ja durchaus feministisch, jede Woche ein Role Model vorzustellen. Und es ist mir auch noch nicht in den Sinn gekommen, dass Du Frauen auf Äußerlichkeiten reduzierst. Ganz im Gegenteil, ich meine eher, dass Du sehr geschickt Mode als Aufhänger nimmst um weibliche Menschen und ihre Bedürfnisse zu zeigen. Ohne jemandem etwas überzustülpen.

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Petra
am Donnerstag, 25. Juni 2015 um 14:08 Uhr

“Denn hier, auf Texterella, geht es nicht nur um seichtes Einerlei, sondern um Leben in seiner selbstbestimmten Eigenart und Schönheit in ihrer Vielfalt.” Damit ist alles gesagt. Mach bitte genau so weiter, liebe Susi!

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Susanne
am Donnerstag, 25. Juni 2015 um 16:11 Uhr

Feministisch ist dieser Blog auf keinen Fall, eher feminin. Damit ich hier auch nichts Falsches schreibe habe ich die Wortbedeutung direkt virtuell nachgeschlagen:
“für die Frau charakteristisch, weiblich”
Ich bin gerne hier, liebe die Beiträge, denn sie sprechen mir oft aus der Seele und das, was ich nicht brauche muss ich ja nicht lesen. Aber das kommt nicht oft vor.
Und was ist falsch daran sich für Feminismus einzusetzen? Gleichberechtigung ist leider immer noch Thema, wie ich gerade vorgestern bei einem jungen Pärchen mitbekommen habe. Er konnte nicht damit umgehen, dass sie mehr verdient als er. Er sollte der Ernährer sein. Wir leben im 21. Jahrhundert.
Lange Rede kurzer Sinn: Bitte genauso weiter machen.

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Bärbel
am Donnerstag, 25. Juni 2015 um 16:12 Uhr

Ich schließe mich mal allen an liebe Susi,

mach einfach weiter so ....so ist es richtig !!!

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Simone
am Donnerstag, 25. Juni 2015 um 16:30 Uhr

“Achso, das ist ja ein Auto-Blog.” Würde ein Mann so über das Blog eines anderen Mannes reden? Ich glaube nicht. Ich mag es, dass du hier immer wieder Frauen vorstellst, die eben nicht “nur” schön sind. Dass Frauen mehr können, das kommt in deinen Interviews eben auch immer wieder rüber. Und außerdem: Es ist dein Blog. Du darfst hier tun und lassen, was dir gefällt.

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Tina
am Donnerstag, 25. Juni 2015 um 17:53 Uhr

Hallo liebe Susanne, laß Dich bitte nicht durch diesen Kommentar entmutigen. Dein Blog ist großartig und ich lese ihn immer wieder gerne. Außerdem bin ich der Meinung, dass solch sensible und persönliche Themen wie Politik oder Religion in einem eher unangebracht sind. Weiter so!
Viele liebe Grüße

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Birgit M.
am Donnerstag, 25. Juni 2015 um 19:47 Uhr

Liebe Susanne,
... Alles gut so ...! Ich mag Dich, deinen Blog und deine Einstellungen, genau so, wie es ist!
Und ich liebe deine Montagsinterviews und finde es sind tolle, interessante und Vor-Bild-hafte Frauengeschichten/leben!
Danke dafür und bitte weiter so!
Liebe Grüsse, Birgit

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T.
am Donnerstag, 25. Juni 2015 um 22:02 Uhr

Also ich finde den Schuh brauchst du dir nun echt nicht anziehen! Es gibt vielleicht tiefsinnigere Themen als Mode, aber es gibt auch tiefsinnigere Themen als schnelle Autos, Briefmarken sammeln, Kochen, diverse Sportarten und -Mannschaften, TV-Serien ...etc….etc… all das sind auch Themen, mit denen Menschen sich in ihrer Freizeit beschäftigen und da sagt keiner, das sei oberflächlich!! Und wir beschäftigen uns nun mal gerne mit Mode! Die Frauen, die du da interviewst werden nicht auf die Themen Mode und Beauty reduziert, sondern ich gehe mal ganz stark davon aus, dass sie Spaß daran haben, sich zu diesen Themen zu äußern!

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Heike S.
am Freitag, 26. Juni 2015 um 11:05 Uhr

Liebe Susanne,
ich bin bestimmt nicht immer mit allem einverstanden was du schreibst.
Aber: es ist dein Blog, du schreibst worüber du schreiben willst. Durchaus emanzipiert.
LG Schönes WE
Heike S.

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frauziefle
am Samstag, 27. Juni 2015 um 16:04 Uhr

Liebe Susi,
ich finde deine Interviewreihe superklasse. Gerade weil sie Frauen zeigt, die mindestens 40 sind, die meistens eine ganze Menge Schleifen und Kurven in ihrem Lebenslauf haben.
Das allerbeste aber sind die Bilder, denn nach wie vor finde ich eine der interessantesten Erkenntnisse, die es nur bei dir gibt: wir sehen offenbar immer besser aus, je älter wir werden.
Und wahrscheinlich auch, je näher wir dem gekommen sind, was uns ausmacht.

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Annette
am Samstag, 27. Juni 2015 um 22:56 Uhr

Ausgerechnet Dein Blog bzw. Deine Interviews sollen Frauen auf Mode und Schönheit reduzieren? Ganz bestimmt nicht…
Außerdem kann ich es nicht ausstehen, wenn man auf das eine oder andere Thema reduziert wird, denn unsere Vielfältigkeit zeichnet uns doch aus!

LG
Annette | Lady of Style

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Martina
am Montag, 29. Juni 2015 um 18:33 Uhr

Hallo, ich bin nicht die “typische” Blog-Leserin (weil mich da vieles schnell langweilt) und mehr aus Zufall (vor knapp zwei Monaten) auf texterella gestoßen.Und was soll ich sagen - ich bin hängen geblieben und schau immer wieder gerne vorbei. Mit meinen mittlerweile 50 Jahren genieße ich die
- professionelle und intelligente Schreibe,
- die Montagsinterviews, die immer wieder spannende Frauen zeigen
- und ja, auch die Mode- und Lifestylegeschichten.
Klischee wäre für mich, wenn ich mich als emanzipierte Frau (es gibt auch Menschen,die mich als Femministin bezeichnen würden)für das alles nicht interessieren dürfte, weil “man” den Eindruck erwecken könnte, ein “Weibchen” zu sein. Womit ich mich ja dann auch von der Meinung dieser anderen abhängig machen würde, woran ich “offiziell” Spaß haben darf, um auch ja nur den richtigen Eindruck zu erwecken. Da kann ich nur sagen: Nein, danke, dieses “schwarz-weiß” ist für mich von vorvorgestern. Also bitte nicht rechtfertigen oder verunsichern lassen, sondern einfach weiter machen, mit dem was so vielen Frauen Freude bereitet :-).

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Nessa
am Montag, 06. Juli 2015 um 18:07 Uhr

Unsinn. Natürlich ist dein Blog nicht anti-feministisch und du reduzierst auch niemanden auf nichts. Doppelt verneint ist jetzt durchaus gewollt.

Ich denke, es geht dir wie vielen mit der Kunst auch. Kann man sich diesen, doch nicht wirklich lebenswichtigen Themen widmen, wo doch so vieles in der Welt wichtiger wäre?

Und ich denke, ja, man kann. Man muss. Ohne die Kunst (wozu ich auch die äußere Erscheinung des Menschen, seine Mode, seine Klunker, etc zähle) würde die Zivilisationsleistung schrumpfen, der Mensch verrohen. Er lebt eben tatsächlich nicht vom Brot allein…

...deshalb finde ich auch die Idee der “Kultur-Tafel” so grandios.

Grüße
Nessa

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Claudia
am Dienstag, 07. Juli 2015 um 19:09 Uhr

Gerade die Frauen in Deinen Interviews finde ich toll und überhaupt…lass Dich bloss nicht verunsichern und mach so weiter wie bisher, denn genau so ist Dein Blog lesenswert!:-)
Liebe Grüße von einer ansonsten *stillen* Leserin

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