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Frauen ab 40: Das Montagsinterview mit Doreen Köstler.

Für mich mit das Schönste an den Montagsinterviews ist, dass ich so viel neues erfahre. Gerade auch über Frauen, die ich schon länger kenne - wie Doreen Köstler.

Doreen hatte ich bislang als rheinische Frohnatur und als selbstständige PR-Frau und Texterin wahrgenommen. Und nun erfuhr ich, dass sie eigentlich aus Kemberg in Sachsen-Anhalt stammt und erst seit 1999 am Rhein bzw. mittlerweile in Düsseldorf lebt. Und dass sie als Co-Autorin Kochbücher schreibt, die zum Teil sogar ausgezeichnet wurden. Wow!

Ebenfalls richtig beeindruckt hat mich übrigens ihr sportliches Engagement: "Hätte mir irgendwer als Kind gesagt, dass ich Sport mal lieben und nicht mehr missen möchte, hätte ich denjenigen für verrückt erklärt", sagt Doreen von sich selbst - und nun fuhr sie im letzten Sommer eine Charity-Radtour der Global Biking Initiative von Paris nach Neuss mit. Mit der Aktion wurden 50.000 Euro gesammelt, die der "RTL Stiftung - Wir helfen Kindern" zugute kamen. Nächstes Jahr geht es dann von Budapest nach München - natürlich wieder mit dem Rad. Und natürlich wieder für einen guten Zweck. Hier ist Doreen dann nicht mehr nur als Sportlerin dabei, sondern übernimmt außerdem auch die PR.

Doreen Köstler, 41, im Lieblingskleid von Urs Bob.

Doreen ist für mich übrigens der beste Beweis dafür, dass Frauen mit den Jahren immer schöner werden ... Aber guck einfach selbst!

Wie würdest du deine Einstellung zu Mode bezeichnen oder beschreiben? Hat sie sich im Laufe deines Lebens verändert?

Mode hat mich schon immer interessiert – sich als Teenie in der DDR modisch und individuell zu kleiden, war allerdings nicht so einfach. Wenn es etwas gab, dann gab es das meistens als Massenware – wie einen kuscheligen, rosa Anorak, den ich aus der „JuMo“ (Jugendmode) hatte. Aber: Er war zwar schön, aber den hatten dann doch einige mehr an. Wenn’s also halbwegs individuell sein sollte, musste man sich was einfallen lassen. „Die DDR war ein Volk von Designern“, habe ich mal irgendwo gelesen. Und, ja, das stimmt: Wir haben uns aus Stecknadeln und Reißzwecken Ohrringe gebastelt, aus Bettlaken und Windeln Sweatshirts gezaubert, mit Textilfarbe einen Depeche-Mode-Schriftzug draufgemalt und mit Glitzersteinen verziert, Netzhemden gefärbt, Armreifen aus dünnen, transparenten Gummischläuchen geformt und mit Badeschaum gefüllt, um sie bunt zu machen, und Omas und Opas alte Nachtwäsche in Kleidchen verwandelt.

Mit Mitte zwanzig: dauergewellt!

Manchmal, wenn ich Glück hatte, kam ich in den Genuss von Westklamotten: Entweder hatte sich über Buschfunk herumgesprochen, dass ausgewählte Kleidungsstücke im „An- und Verkauf“ unter dem Ladentisch auf neue Besitzer warten. Oder Verwandte aus dem Ruhrpott hatten ein Paket geschickt. Wenn das aufgemacht wurde, war die ganze Familie anwesend. Allein der Duft, der aus diesen Päckchen strömte! Manchmal bin ich ein wenig traurig, dass ich ihn heute nicht mehr rieche oder wahrnehme. Kurz genießen – und dann begann das große Anprobieren und Gerangel um die schönsten Stücke. Leider war meist nur etwas für Mama und Oma drin.

Wenn es etwas schicker sein sollte, kamen eigentlich nur die „Exquisit“-Läden infrage. Ich kann mich noch an das geschockte Gesicht meiner Mutter erinnern, als ich nach drei Wochen Ferienarbeit in einer Fabrik dort direkt fast das gesamte verdiente Geld gegen einen knallbunten Pullover mit Glitzereffekten getauscht habe. Aber dieses Teil musste es damals einfach sein.

Was aus dieser Zeit geblieben ist: mein Faible für Kleidung, die nicht jeder hat. Meine Lieblingsstücke stammen dann auch überwiegend von kleinen, aber feinen Labels – beispielsweise von Marion Strehlow und Urs Bob. Und Dawanda ist für mich und mein Portemonnaie ein gefährliches Pflaster.

Welche Stilrichtung bevorzugst du? Wie hat sich dein Geschmack im Laufe deines Lebens verändert?

Sportlich, unkompliziert, lässig muss es für mich sein – daran hat sich im Laufe der Jahre nie etwas geändert. Ich liebe kräftige, leuchtende Farben, aber auch klassisches Schwarz. Jeans sind mein täglicher Begleiter: Mit einem schlichten T-Shirt und Sneakers ist mein Alltagslook fertig. Ein schicker Blazer oder ein Cardigan und für den Blickfang ein farbiges Tuch sowie Ballerinas statt Turnschuhe – schon bin ich ausgeh- oder kundenbesuchfein. Aber es dürfen ruhig auch mal Krempel-Chinos sein. Was ich besonders liebe: Kleider über Jeans tragen.

Mitte 30 - mit strahlendem Doreen-Lächeln.

In einem taillierten Kostüm, einem geblümten Rüschenkleid oder einer gemusterten Hose wird man mich dagegen eher nicht zu Gesicht kriegen. Und die Hosenanzüge und Blusen, die ich in meinem alten Job als Kundenberaterin getragen habe, sind entweder in den tiefsten Tiefen meines Kleiderschranks verschwunden oder längst verschenkt: Darin fühle ich mich verkleidet und bin einfach nicht ich.

Hattest du modische Vorbilder? Personen oder Persönlichkeiten, die deinen Stil geprägt haben – oder eine modische Ära?

Bewusst nicht. Aber es gibt natürlich Personen, deren Stil ich mag und von denen ich mir sicher das eine oder andere abschaue. Das können Freundinnen oder Kolleginnen sein oder Wildfremde auf der Straße.

Ende 20: rote Mähne!

Wenn ich durch die Zeit reisen könnte, würde ich aber in nahezu jeder Epoche Halt machen: einmal die Opulenz von Barock und Rokoko erleben, das Verspielte im Jugendstil, Glitzer und Glamour der Roaring Twenties, Eleganz und Klasse der 50er – ein Traum. Die 70er-Jahre würde ich wohl auslassen: Auf Schlaghosen, psychedelische Muster und Plateauschuhe kann ich sehr gut verzichten.

Hast oder hattest du ein Lieblingskleiderstück? Wenn ja, welches? Und warum?

Nur ein Lieblingsteil zu küren, ist schwer. Ich versuche, nur Sachen im Schrank zu haben, die ich auch wirklich mag. Schleicht sich doch mal ein Fehlkauf dazwischen oder entdecke ich beim Ausmisten Kleidung, die mir nicht mehr gefällt oder die ich seit Ewigkeiten nicht mehr getragen habe, verschenke ich sie. Wenn ich überlege, welchen Liebling ich in den vergangenen Monaten häufig getragen habe, ist ein schwarzes Kleid von Urs Bob ganz vorn dabei. Ich liebe einfach den klassischen Schnitt mit den liebevollen Details und das kuschelweiche Material – und bin immer wieder traurig, dass ich dieses Kleid nur im Herbst und Winter tragen kann.

Wie hat sich deine Einstellung zu Schönheit und Aussehen in den letzten Jahren verändert? Inwieweit hat das Älterwerden damit zu tun?

Meinem 20. Geburtstag habe ich entgegengefiebert, den 30. habe ich schon aus der Ferne kritisch beäugt und vor dem 40. hatte ich phasenweise regelrecht Angst. Aber nicht so sehr wegen der ersten Fältchen oder grauen Haare, sondern eher wegen der vermeintlichen Erwartungshaltung meines Umfelds: Ich dachte, dass ich jetzt richtig erwachsen und seriös sein muss – mit festem Arbeitsplatz über Jahrzehnte, Haus, Mann und Kind. Pustekuchen! Was sich ändert, ist nur die Zahl. Ansonsten kann ich immer noch je nach Situation albern oder ernst sein.

Anfang 20 - damals noch mit Blümchen!

Wenn eine Wunschfee mich heute fragen würde, was ich gern an mir verändern würde, ginge sie wohl leer aus und müsste ihren Zauberstaub woanders einsetzen. Jetzt ist die schönste Zeit meines Lebens. Ich bin angekommen, fühle mich wohl in meiner Haut und mache mein Glück und meine Zufriedenheit nicht mehr von einer Jeansgröße abhängig. Von der Gelassenheit, jede Falte toll zu finden, weil sie eine Geschichte aus meinem Leben erzählt, bin ich zwar noch etwas entfernt. Aber ich finde, nicht Perfektion nach irgendwelchen vorgegebenen Kategorien macht einen Menschen attraktiv. Und wenn man mit 41 Jahren noch so einen starken Druck verspürt, dauernd etwas ändern zu müssen, muss man wohl sehr unglücklich sein. Es ist gut, wenn man einige Dinge verbessern möchte, aber man sollte schon mit einem gnädigen Auge auf sich blicken.

Zur Kosmetik: Bist du eher der Wasser-und-Seife-Typ oder glaubst du an die Möglichkeiten moderner Produkte?

Ich bin vor allem eins: ein Fan von Gesichts- und Handcreme. Auf den Verpackungen kann dann ruhig auch was mit Anti-Aging stehen. Ob Hyaluron, Aloe Vera und Co. tatsächlich gegen die Zeichen der Zeit helfen, sei mal dahingestellt, aber es fühlt sich gut an, die Haut zu pflegen. Teure Markenprodukte müssen es nicht sein. Wichtig ist mir, dass die Produkte schnell einziehen und keinen Ölfilm auf der Haut hinterlassen. Zunehmend achte ich auf Naturkosmetik und taste mich nach und nach an vegane Produkte heran. Einen gefüllten Schminkkoffer sucht man bei mir vergebens. Bis auf etwas Augendeko und nagelstudiogepflegte Nägel bin ich eher ein Fan von „What you see is what you get“. Obwohl: Seit ich als Lippenstiftverweigerer die Chubby Sticks von Clinique entdeckt habe, kommt mit der Pflege auch ein Hauch Farbe auf meine Lippen.

Du bist auf Reisen und hast deinen Waschbeutel vergessen. Welche drei (Kosmetik-)Produkte kaufst du sofort?

Nur drei Produkte? Dann wandern als Erstes Duschbad, Zahnpasta und Deo in den Einkaufskorb. Aber wenn ich schon mal dabei bin, würde ich direkt alle meine wichtigsten Badzutaten shoppen: Shampoo, Spülung, Haargel, Gesichtscreme, Kajalstift und meinen Lieblingsduft „Omnia“ von Bulgari.

Hast du ein Schönheitsgeheimnis? Wenn ja, welches?

„Jedes Mal, wenn ein Mensch lacht, fügt er seinem Leben ein paar Tage hinzu.“ Wenn dieser Spruch von Curzio Malaparte stimmt, werde ich ganz sicher 100. Ich lache gern und viel (und laut). Am liebsten mit anderen und oft über mich. Und sonst ist es wohl eher das Übliche: Ich achte auf eine gesunde, ausgewogene Ernährung und tobe mich beim Laufen oder Radfahren aus.

Rad-Training: für das eigene Wohlbefinden und für den guten Zweck.

Gibt es ein Mantra, das dich durch dein Leben begleitet?

„Manchmal muss man was riskieren, sonst weiß man nicht, ob die Götter einen lieben.“

Wenn ich mal wieder vor einer Entscheidung stehe, zögere und zaudere, mich in einer Für-und-Wider-Gedankenschleife verheddere, dann ist dieser Satz mein Stups in die richtige Richtung.

Danke, Doreen, für deine Zeit - und für das wundervolle Stups-Mantra. Und für dein strahlendes Lächeln, bei dem man automatisch gute Laune kriegt! :-)

***
Mehr spannende Interview mit spannenden Frauen jenseits der 40 gibt es übrigens hier: Click and enjoy!

5 Kommentare

Jutta
am Montag, 21. Oktober 2013 um 10:41 Uhr

Wunderbar, wie diese Frau Glück und Fröhlichkeit verströmt. Das steckt einfach an!

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Michaela
am Montag, 21. Oktober 2013 um 13:59 Uhr

Erst dachte ich, du hättest dich vertan, weil die Rubrik ja “Frauen ab VIERZIG” heißt ... ;-)

Doreen ist wirklich ein Beispiel dafür, dass die Zahl so genau gar nichts aussagt über das Alter, das jemand transportiert!

Und in Sachen ansteckendes Lachen macht dieser Frau in der Tat niemand so schnell etwas vor!

Danke fürs Interview!

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Farbenfreundin
am Montag, 21. Oktober 2013 um 20:31 Uhr

Vielen Dank für das Montags-Interview. Ich liebe diese Reihe und wünsche mir ein Buch davon, kann ich nur immer wieder wiederholen:-)
Oh ja, Frauen “reifen” wie guter Wein. Das bestätige ich gerne.
Und nun freu ich mich schon auf nächsten Montag…

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Daniela
am Dienstag, 22. Oktober 2013 um 08:54 Uhr

Doreen mit dem schönsten USP, den man sich vorstellen kann: ansteckendes Lachen! Nach dem Spruch von Curzio Malaparte wird Doreen nicht mindestens hundert, sondern wohl eher dreihundert, oder? Danke für dieses erfrischende Interview!

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Doreen
am Freitag, 25. Oktober 2013 um 18:35 Uhr

Ich liebe diese Reihe so sehr wie Farbenfreundin und viele andere - und wünsche mir ebenso ein Buch davon, weil es immer wieder spannend ist, wie Frauen jenseits der 40 mit Mode und Kosmetik und Schönheitsidealen und Älterwerden umgehen. Diese Interviews sind ungelogen mein Montagmorgen-mit-Kaffee-Ritual.

Meinen Tag als “Montagsprinzessin” (Wäre das nicht ein toller Titel?) werde ich wohl nie vergessen – es ist ein bisschen so, wie Geburtstag zu haben. Eigentlich sogar besser. Denn ein “Happy birthday” schmettert sich schnell in die Welt hinaus. Aber die Wertschätzung und das Wiedererkennen sind schon sehr überwältigend (und wer mich kennt, weiß, dass ich auch sehr nah am Wasser gebaut bin). Bei mir sind E-Mails von alten Schulfreunden angekommen, die ich zum Teil seit 25 Jahren nicht gesehen habe, die das Interview über Dritte zugeschickt bekamen und sich für die Erinnerungen bedankt haben. Andere schrieben mir (auch mit 25 Jahren Abstand): “Ja, so kennen wir dich, das bist du.” Und wenn noch dazu Anfragen von potenziellen Kunden auf der Mailbox landen, darf man sich doch wirklich als kleine (Montags-)Prinzessin fühlen, oder?

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